Auch wenn der Blick aus dem Fenster momentan eher andere Eindrücke vermittelt, an diesem Wochenende ist wieder “Ansommern” in der Mecklenburgischen Seenplatte angesagt. 48 Stunden lang zeigt sich unsere Region den Touristen vornehmlich aus dem Berliner Raum von ihren besten Seiten und wartet mit jeder Menge Angeboten auf.
Ich habe mir mal den Flyer des Tourismusverbandes Mecklenburgische Seenplatte besorgt und hänge ihn für die Leser meines Blogs an. Mein Fazit nach Studium des Programms: Es gibt zwischen Neubrandenburg, Neustrelitz und Waren viel zu entdecken. Und was das Wetter angeht: Es soll ja wieder besser werden.
Der diesjährige Annalise-Wagner-Preis wird am 23. Juni um 17 Uhr im Neubrandenburger Regionalmuseum verliehen. Ausgezeichnet wird Valentine Gobys Roman „Kinderzimmer“, der 2017 in der Übersetzung von Claudia Steinitz im Verlag ebersbach & simon erschien (Strelitzius berichtete). Die Laudatio für Valentine Goby hält Dr. Clarisse Cossais, Preisträgerin des Deutsch-Französischen Journalistenpreises.
Bürgerinnen und Bürger sind zur Feierstunde eingeladen, der Eintritt ist frei. Um 15 Uhr wie auch 16 Uhr wird es im Museum zusätzlich eine Sonderführung für alle Gäste der Preisverleihung geben. Die Annalise-Wagner-Stiftung bittet nur um eine kurze Anmeldung der Teilnahme per Mail an stiftung.bibl@neubrandenburg.de oder Telefon 0395 5551333.
Der Philharmonische Chor Neubrandenburg. Foto: TOG
Am Sonntag wird wieder kräftig in die Pedale getreten – aufgemuntert und belohnt von musikalischen Einlagen. Treffpunkt für die kulturinteressierten Radler ist wie immer die Konzertkirche Neubrandenburg. Dort wird um 10 Uhr das Duo con fuoco der Neubrandenburger Philharmonie (Foto) die Teilnehmer begrüßen.
Weiter geht es mit den Philharmonikern über Weitin und Lapitz nach Alt Rehse, wo dann gegen 14 Uhr der Philharmonische Chor Neubrandenburg (Leitung: Dr. Gotthard Franke) im ehemaligen Limnologischen Institut zum Abschlusskonzert einlädt.
Das Land will die Kleinseenbahn weitere zehn Jahre finanziell fördern.
Der Neustrelitzer Professor Helmut Böhme hat sich mal wieder mit einem längeren Kommentar bei mir gemeldet. Anlass war für ihn offensichtlich die Nachricht in meinem Blog, dass das Land die Kleinseenbahn weiter fördern will. Für Böhme, der sich neben dem Bauwesen auch intensiv mit dem Verkehrswesen beschäftigt, ist das nur ein Wahlgeschenk, das an seiner Auffassung nichts ändert: Schwerin tut nicht wirklich etwas dafür, die Eisenbahninfrastruktur in Mecklenburg-Vorpommern zu verbessern.
Gibt es eine Infrastrukturentwicklung für die Eisenbahn in Mecklenburg-Vorpommern?
Nicht erst seit der Römerzeit wusste man um die Wichtigkeit von Verkehrswegen. Ungezählte, heute noch bekannte Verkehrswege zeugen von dieser, vielleicht bedeutendsten Voraussetzung für die Entwicklung der menschlichen Gemeinschaft. Dazu gehörten auch immer die Bemühungen um eine optimale Beschaffenheit des Untergrundes und der Verkehrsfläche. Der Einbau von Rillen im Straßenaufbau für die Räder war schon bei den Römern eine recht praktische Einrichtung für einen möglichst ungehinderten Fahrverlauf, wobei die Anfänge von Spurbahnen bereits bei den Griechen und Ägyptern gefunden wurden. Es war später folgerichtig, daß schienengebundenen Wege sich immer weiter ausbreiteten und entwickelten.
In dem Deutschland des 19. Jahrhunderts entstanden nahezu massenhaft viele Schienenstränge verschiedenen Breite und Ausführung, die vor allem von der aufstrebenden Industrie, dem Handel, aber auch den Bewohnern, die zwischenmenschlichen Kontakt suchten, gesucht, gefördert, ja gefordert wurden. Allerdings gab es auch Kurzsichtigkeit, was eine Reihe obskurer Schienenumwege beweisen, wo Ortsansässige Störungen ihrer Geschäfte befürchteten und den Bahnbau verhinderten.
Blankensee erhält sogar zwei Bahnhöfe
Die Reichsgründung war ein Glücksfall für Deutschland, weil jetzt endlich die Landesgrenzen überschreitende, durchgehende Schienenverbindungen entstanden. Dabei erwies sich so manche Kleinbahn und Nebenstrecke als unrentabel und musste verschwinden. Es gab auch Doppelungen (so hatte das kleine Blankensee bei Neustrelitz zwei Bahnhöfe wegen ursprünglich zweier getrennter Bahnlinien), die entweder weiter existierten oder nach und nach verschwanden.
Das an die Spitze Europas drängende Deutschland schuf sich vor allem auch durch sein grandioses Verkehrsnetz der Eisenbahn in Handel, Wirtschaft, Wissenschaft und ja auch im Militärwesen große Vorteile in allen Bereichen. Diese Streckenentwicklung bezog sich auf die durch Deutschland und Österreich-Ungarn dominierten Teile von Europa. Nach der Zerschlagung dieser beiden von Kaisern regierten großen Staaten nach dem 1. Weltkrieg, gab es natürlich auch Veränderungen des Schienennetzes. So die ursprünglich im Deutschlandlied besungene West-Ost-Verbindung von der “Maas bis an die Memel”. Gleiches trifft auch für die Nord-Süd-Strecken zu. Noch verheerender waren die Einschnitte nach dem 2. Weltkrieg!
Reisen mit der “Russen-Kutsche”
Für die sowjetische Besatzungszone war es besonders schlimm, weil viele Schienenstränge im Unterschied zu den anderen Zonen, rigoros demontiert wurden und also keinen Nutzen mehr für uns hatten bzw. bringen konnten. Bedenkt man, daß durch die Vertreibungswelle aus den Teilen Deutschlands, die okkupiert wurden, gerade auch Mecklenburg und das bei Deutschland verbliebene Vorpommern dadurch viele neue Bewohner bekamen, so ist diese Beeinträchtigung der Infrastruktur in MV durch den Streckenabbau doppelt schlecht gewesen. Einzig die Verbindungen für die sowjetischen Truppen von und nach der SU waren ein winziger Lichtblick. So konnte man, wenn auch nicht gerade komfortabel mit der “Russen-Kutsche” reisen, ein Zug, der Soldaten von und nach ihrer Heimat brachte und durchgehend von Schwerin, Neustrelitz über Fürstenberg, Lychen bis Frankfurt an der Oder fuhr.
Betrachten wir die Zeit nach 1990, so muß leider festgestellt werden, es hat sich nichts, aber auch gar nichts verbessert, es wurden und werden weitere Bahnlinien abgebaut. Obwohl es zu keiner Zeit in Deutschland Zweifel an der ökonomischen Überlegenheit und kostengünstigen Variante Bahn gegeben hat, wird das von den Regierenden in MV bewusst oder unbewußt negiert. Vor allem ist erschütternd zu sehen, wie gerade der Mensch auf dem Lande in den Dörfern und Kleinstädten als Bürger benachteiligt wird durch laufende Zentralisierung der Verwaltungen und aller anderen Strukturen und ihm nur noch die Straße mit eigenem Auto übrig bleibt – sofern er gesund genug zum Fahren ist oder er das Geld für ein Taxi hat!
Es muß die Frage gestellt werden, warum wird die Verkehrswegeinfrastruktur Eisenbahn in MV nicht nur nicht gefördert, sondern sogar systematisch weiter zerstört? Das fadenscheinige Argument der Unwirtschaftlichkeit mag für den Gewinn von Privatunternehmen zutreffen – aber für eine sozialverträgliche Bürgerkultur wohl kaum. Die Privatisierungssucht in Deutschland erzeugt tatsächlich nur große Konzerne ohne jedes Interesse an sozialverträglicher Gestaltung des Lebens auf dem Land. Dazu kommt die (gewollte?) Nichtweiterentwicklung schienengebundener Infrastruktur (Verkehrsangebote, flexible Haltepunkte , attraktive Verladeeinrichtungen usw., usf.), wodurch eine ökonomische Nutzung der Schiene gebremst und verfälscht wird.
Keine belastbare Verbindung zwischen Schwerin und Neustrelitz
Warum wird, obwohl der deutsche Freistaat Mecklenburg-Strelitz, also auch der Regierungssitz, bereits 1933 von Hitler beseitigt wurde, bis heute als Ersatz für die Zerstörung der Infrastruktur der Region Mecklenburg-Strelitz keine belastbare Verbindung zwischen Schwerin und Neustrelitz, weder auf der Straße und schon gar nicht der Schiene geschaffen? Das abseits gelegene Schwerin kann vom größten Teil des Landes nur schlecht erreicht werden. Ist das Absicht? Warum kann die Strecke von Neustrelitz, Waren, Malchow, Parchim, Ludwigslust/Schwerin nicht endlich ausgebaut werden und damit auch der kürzeste Weg nach Hamburg entstehen? Und warum wird die Ost-West- Verbindung von Neubrandenburg nach Waren über Penzlin nicht reaktiviert? Warum wird die Verbindung von Neustrelitz nach Wittstock brutal kaputt gemacht, obwohl diese Strecke über viele Jahrzehnte eine wichtige Länderverbindung war? Der Handel und Wandel, die Schulbesuche, der Tourismus, alles wird unterbunden! Und dann wundert man sich, daß niemand hierher kommt oder/und bleibt? Warum gibt es nicht wieder die Direktverbindung von Neustrelitz nach Stettin über Woldegk, Strasburg, Pasewalk – steht denn nicht die Länderfreundschaft zu Polen auf dem Plan? Und warum dürfen die Touristen nach Feldberg nicht mehr mit der Bahn anreisen? Die meisten Züge sind Nahverkehrszüge, leider nicht mehr von einem deutschen, sondern einem ausländischen Unternehmen hergestellt, trotz langer Strecken nicht für weite Reisen gebaut (z.B. gepäckunfreundlich). Und nun müssen wir um Lieferung betteln, im Industrieland Deutschland?
Eine armselige Perspektive
Also gibt es eine Infrastrukturentwicklung der Bahn in MV? Klar und deutlich: NEIN! Im Gegenteil, die politische Führung von MV zerstört weiter die gewachsenen Strukturen und fährt in Dienstwagen bequem zur Arbeit – was interessieren da schon die Menschen im großen Land? Können die jetzt auf den ehemaligen Bahndämmen als “Radfernweg” für ihre Gesundheit strampeln – oder zu Hause bleiben? Ist das nicht eine recht armselige Perspektive?
Ein Blick auf die Landkarte zeigt deutlich die Schwächen und Lücken in den Verkehrswegen der Bahn und der Straße! Es fehlen leistungsfähige Ost-West Verbindungen für das Inland und für die Anbindung an die Metropolen Hamburg und Stettin! Auch in der Nord-Süd Richtung gibt es Defizite zur Metropole Berlin! Zwar kommt man von Neustrelitz günstig aller Stunden nach Berlin, aber die parkenden Automassen am Neustrelitzer Hauptbahnhof zeigen, daß aus dem breiten Land kaum jemand mit der Bahn hinkommen kann. MV besteht nun mal vor allem aus einem weiten LAND, da sind Anbindungen vorwiegend für Schwerin und Rostock ein bisschen wenig – und kleine Wahlgeschenke machen das auch nicht besser.