So soll die Gedenkstätte in Hohenzieritz nach der Umgestaltung aussehen.
Der Start einer kleinen Serie mit Beiträgen des Neustrelitzer Professors Helmut Böhme im Strelitzius Blog ist von meinen Lesern stark beachtet worden. Während die Kommentare von „Bravo“ bis zu „Geschwurbel eines alten Mannes“ erwartungsgemäß sehr weit auseinander lagen, haben die Klickzahlen doch gezeigt, dass die Entscheidung für das Angebot des schonungslosen Kritikers richtig war.
Heute nun Teil 2 des mir zur Verfügung gestellten Materials, in dem sich Prof. Böhme diesmal mit den Geschehnissen um die Louisen-Gedenkstätte in Hohenzieritz auseinandersetzt. Ich habe es zum besseren Verständnis leicht gekürzt. Bekanntlich hatte es Ende März eine Diskussion zwischen Verteidigern und Neugestaltern der Louisen-Gedenkstätte im Neustrelitzer Kulturquartier gegeben (Strelitzius berichtete). Dem vorausgegangen war ein Pressetermin des Landes in der Residenzstadt.
LOUISe und Schloß Hohenzieritz – Neugestaltung?
Im Schloss Hohenzieritz ist eine, ja, was denn eigentlich? Der Begriff MUSEUM ist in Deutschland nicht geschützt und im MV-Verzeichnis steht für Hohenzieritz, daß es dort eine Louisen-Gedenkstätte gebe, die dem Museumstyp Heimatmuseum entspreche. Das ist doch recht seltsam, nicht wahr?
In dem Papier zum Pressetermin vom 24.3.17 im Landesbesoldungsamt wird ein Loblied auf die Arbeit des ehemaligen Fördervereins gesungen, na ja, fast ein Loblied, aber es ist nicht zu erkennen, warum dann alles umgekrempelt werden muss? Kennen wir nicht dieses „Wegloben“ schon irgendwoher?
Da wird bedauernd weiter festgestellt, Hohenzieritz liege „abgelegen“. Na klar, für Schweriner Ignoranten gab es das Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz nicht und den Freistaat schon gar nicht! Aber man kann beruhigt sein, auch Schwerin liegt sogar für fast ganz MV sehr abgelegen!
Es geht um eine Königin der Herzen
Nur zur Vergewisserung: Bei dieser Gedenkstätte, die bereits kurz nach dem Tod der Königin Louise 1810 eingerichtet wurde, ging und geht es um die Königin Louise, eine geborene Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz. Es geht in erster Linie weder um ein Königreich, noch um ein Großherzogtum oder ein Kunstmuseum oder ein Heimatmuseum, es geht schlicht und einfach um eine legendäre Frau, eine Königin der Herzen wie sie auch genannt wird. Es geht nicht um eine Herrscherin, um keinen Darwin oder Einstein, keinen Diktator, keinen Kriegsmarschall, keinen Marx, Engels oder Kant – noch mal, es geht „nur“ um die Geschichte einer Frau, die als Person und Persönlichkeit offensichtlich die Menschen nicht nur damals, sondern bis zum heutigen Tage fasziniert hat und noch fasziniert!
Dafür braucht man vor allem Erinnerungen an die Person, also ihr persönliches Tun, Handeln und Verhalten, Gegenstände und Darstellung ihrer Lebenssituation, ihrer Familie und Personen, die in ihrem Leben eine Rolle gespielt haben. Diese historischen Gegebenheiten sind wichtig, nicht übergeordnete Befindlichkeiten und Ideen und Demonstration von „moderner Museumstechnik“, Hörstationen usw. Die könnten in anderen Räumen, z.B. den Fluren des Schlosses oder noch besser, irgendwo in Deutschland Platz finden. Solche Dinge sind für den unmittelbar erlebbaren originalen Sterbeort der Königin mehr als unpassend!
„Ich denk, ich bin im falschen Film“
Und, bitteschön, was soll um alles in der Welt für ein Museums-Sinn darin stecken, der von hochkarätigen Besuchern signierten, als Gästebuch „missbrauchten“, aber eben dadurch originellen und vermutlich einzigartigen Tür einer Stelle des Schlosses durch quasi Weiterführung mit „moderner Graffitisierung“ diese Einzigartigkeit zu nehmen?
Das „Sichverewigen“ von erwünschten und unerwünschten Personen scheint zwar ein Bedürfnis vieler Menschen zu sein und wir haben das ausführlich – auch im Schloss Hohenzieritz – vor allem nach 1945 erlebt, aber das muss man nun wirklich nicht weiterführen, oder? Im Falle der Hohenzieritzer Schlosstür ist das ein Gästebuch, hat Denkmalswert und wird zu Recht dargestellt – aber dabei sollte man es belassen! Und diese Neuheit soll auch noch ein „absoluter Höhepunkt“ sein. Wie sagt man: „Ich denk, ich bin im falschen Film.“
Frönen die Macher auch in Hohenzieritz dem Trend, in Museen Spielereien einzubauen, damit die ach so tumben Bürger zum Besuch animiert werden und Kinder etwas zur Beschäftigung haben?
Und was soll man von der, ja, Verunglimpfung halten, dass der Verein ein „historisches Zimmer“ (anscheinend etwas zutiefst Unmuseales?) zeigen wollte? Seit wann sind Reproduktionen in Museen nicht mehr gang und gäbe, wenn es den Notwendigkeiten einer Darstellung (z.B. Verlust eines Originals oder zum Schutz eines Originals oder wenn ein Ausstellen schaden würde, die Kostbarkeit gesichert bleiben müsste) entspricht oder der museale Zweck es erfordert?
Ist es nicht völlig abwegig, eine blassgrüne. entmystifizierte (was für ein schreckliches Wort) Struktur der Räume zu schaffen? Ist jetzt die farbliche Gestaltung eines 200 Jahre alten Raumes nicht vom Historischen, sondern dem Farbempfinden einer Beamtin abhängig? Was ist daran so verwerflich, wenn deutschlandweit Bürger aller Couleur die Louise verehren – und bisher auch in möglichst ihrer originalen Umgebung besucht haben? Was soll die „gnädig-großzügige“ Bemerkung ausdrücken, dass man Luise „nicht ohne Herz“ betrachten könne? Na sowas, jetzt werden wir auch noch über Gefühle belehrtI Frage: Wie sonst hätte wohl ohne Herz die jahrhundertelange Verehrung für Louise funktionieren können?
Ehrenamtliche Mühen per Staatsdekret vernichtet
Wird jetzt in der Museumswelt ähnlich wie beim Regietheater umgeschrieben und neu erdacht und werden die Bürger gönnerhaft darüber belehrt, was und wie sie („modern“) zu fühlen haben? Muss man denn viele, viele Tausende gespendeter Gelder aus ganz Deutschland quasi wegwerfen, die Exponante zu Deponaten machen und nach Schwerin verschleppen und die ehrenamtlichen Mühen per „Staatsdekret“ vernichten?
Gewiss sind immer wieder neue Überlegungen und Verbesserungen dieser Kulturstätte in Hohenzieritz anzustreben (z.B. auch mehr Räume zur Verfügung stellen), aber in erster Linie geht es um die Erfüllung eines Vermächtnisses, das dadurch entstanden ist, dass eine Strelitzer Prinzessin als preußische Königen erstmalig neue, zutiefst menschliche Maßstäbe für das Leben und Verhalten hochgestellter Persönlichkeiten vorgelebt hat – die, es sei mit Bitternis vermerkt, man heute leider kaum noch bei ähnlich Dominierenden in Deutschland erkennen kann! Die immense soziokulturelle Bedeutung dieser Frau muss herausgestellt werden, sie ist ein Alleinstellungsmerkmal und darf nicht hinter einer Ahnentafel auf blassgrüner Wand verschwinden!
Wäre es nicht auch mal interessant, die Meinungen von Fachleuten der preußischen Historie aus ganz Deutschland zur (Miss-)Gestaltung des Sterbeortes der bedeutendsten preußischen Königin zu erfahren? Könnte es sein, dass das zuständige Landesministerium und die dort Verantwortlichen meinen, laut Zuständigkeiten in Deutschland hätten sie ausschließlich über das „Heimatmuseum Hohenzieritz“ zu befinden?