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Im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte sind die Kinos und Theater von einem auf den anderen Tag geschlossen worden. In der entsprechenden Pressemitteilung des Landkreises MSE vom 1. Dezember (Strelitzius berichtete) werden diese kulturellen Einrichtungen in einem Atemzug mit „Fitnessstudios, Freizeitparks, Zoos oder Prostitution“ genannt. „Es ist bekannt – und zahlreiche Studien haben es in der Vergangenheit belegt -, dass Kinos und Theater sichere Orte sind.  Im Kino sitzen die Menschen auf Abstand, kommunizieren nicht, schauen in eine Richtung zur Leinwand oder zur Bühne. Die Hygienemaßnahmen, große Abstände zwischen den Sitzplätzen sowie gute Durchlüftung der Säle sind inklusive der Nachverfolgung der Gäste optimal. Daher sind die Schließungen komplett unverständlich und kratzen erheblich an der Motivation hinsichtlich unseres kulturellen Engagements“, heißt es in einer Erklärung des Neustrelitzer Kulturentrums Alte Kachelofenfabrik.

Umfangreiche Vorbereitungen für die Veranstaltungen würden buchstäblich über Nacht zunichte gemacht. Das sei frustrierend, kostspielig und mißachte die kulturellen Bedürfnisse der Gäste. Kultur sei ein Lebensmittel – gerade auch in der jetzigen bedrohlichen Situation.

Dr. Christian Bräuer, der Vorsitzende der bundesweiten „AG KINO – Gilde Deutscher Filmkunsttheater“, in der die Kachelofenfabrik Mitglied ist, hat jüngst erklärt: „Nach fast zwei Jahren Erfahrungen mit der Pandemie braucht und verdient die Kultur eine differenzierte Betrachtung, die das tatsächliche Gefährdungspotenzial berücksichtigt. In der aktuellen Situation müssen Maßnahmen dort ergriffen werden, wo sie etwas bewirken. Was wir brauchen, ist Planbarkeit, Verlässlichkeit sowie ein klares kulturpolitisches Aufbruchssignal.“

Die derzeitigen Maßnahmen seien das genaue Gegenteil, heißt es in der Erklärung der KOF weiter. Es finde keine Differenzierung statt – weder in Bezug auf die räumliche Situation der Aufführungsorte, noch auf den gesellschaftlichen Stellenwert der Film- und Theaterkunst – und sei damit Ausdruck einer „tiefgreifenden Gedankenlosigkeit und Ignoranz gegenüber den Künstlerinnen und Künstlern und anderer Kulturschaffenden“

Im September habe sich der Chef der Staatskanzlei, Staatssekretär Dr. Heiko Geue, inzwischen Finanzminister, bei der Verleihung der Kinokulturpreise in Schwerin im Kino Capitol gesagt: „Wir stehen an der Seite der Kinos. Wir brauchen sie.“ Sinngemäß habe sich auch Ministerpräsidentin Manuela Schwesig an gleicher Stelle geäußert und den kulturellen Stellenwert der Kinos – namentlich auf dem Lande – herausgehoben. Bei der Verschärfung der Corona-Maßnahmen – zunächst auf 2G+ und nun beim Lockdown – zeige sich, dass dies leere Worte seien. „Wir vermissen eine differenzierte Betrachtungsweise, die die konkreten räumlichen Gegebenheiten berücksichtigt und gerade in der derzeit angespannten gesellschaftlichen Situation das mit bedenkt, was die noch amtierende Staatsministerin für die Kultur und die Medien, Monika Grütters,  z.B. Ende Oktober 2019 in Hannover anläßlich der Programmpreis-Verleihung an „Deutschlands beste Programmkinos“ gesagt hat: „In einer Gesellschaft, in der der Ton immer rauer wird, tragen die Programmkinos zu Verständnis und Verständigung bei und stärken damit das Rückgrat unserer Demokratie. Ich bin überzeugt: Kinos werden mehr denn je als Ortre des Austauschs und der Verständigung gebraucht – gerade dort, wo Kultureinrichtungen dünn gesät sind: in kleinen Städten, in ländlichen Regionen.“ 

„Wenn diese Kulturorte nicht gefährdet werden sollen, müssen sie von den Entscheidungsträgern unserer Gesellschaft auch entsprechend behandelt werden, d. h. konkret: 3G wäre gut. Und wenn das – angesichts steigender Coronazahlen – nicht geht, dann bitte 2G. Die verschärfte Regelung 2G+ kommt einem Lockdown gleich“, so Horst Conradt, Kinoleiter und Kulturbeauftragter in der Alten Kachelofenfabrik. Diese Position war auch die einhellige Meinung und konkrete Erfahrung von rund 150 Mitgliedern/KinobetreiberInnen der AG KINO-GILDE, die am letzten Dienstag zu einem bundesweiten Online-Treffen versammelt waren.