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Die Forschungsgruppe des Studiengangs Diätetik. Foto: Hochschule Neubrandenburg

Sie sind bunt, haben lustige Gesichter oder Tierbilder auf der Verpackung, und oftmals wecken die Hersteller den Eindruck, dass sie Kindern gut tun: Lebensmittel, deren Rezepturen und Verpackungen extra für Kinder entwickelt und verkauft werden. Studierende der Hochschule Neubrandenburg haben diese Lebensmittel unter Anleitung von Prof. Dr. Anna Flögel
(Diätetik, Ernährungskommunikation und Gesundheitswissenschaften) und Dipl. med. päd. Sabine Ohlrich-Hahn (Wissenschaftliche Mitarbeiterin) unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Weniger als acht Prozent der untersuchten Speisen, die speziell für Kinder in den Verkaufsregalen zu finden sind, gelten als „empfehlenswert“. Die meisten weiteren Kinderprodukte enthielten zu hohe Salz-, Zucker- oder Fettgehalte.

„Unsere Ernährungsgewohnheiten werden in der Kindheit maßgeblich geprägt. Hochverarbeitete fett-, zucker- und salzhaltige Lebensmittel extra für Kinder zu bewerben, ist daher äußerst kritisch“, erklärt Professorin Flögel. Dadurch werden Kinder immer wieder zu diesen Lebensmitteln greifen und sie lieber essen als natürliche Lebensmittel wie Obst und Gemüse. Demzufolge erhöht sich das Risiko für kindliches Übergewicht und Adipositas. Die Weichen für ein ungünstiges Ernährungsverhalten im späteren Leben und Folgeerkrankungen wie Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauferkrankungen werden gestellt. „Die Werbung beeinflusst dabei Kinder ebenso wie Eltern. Letztere werden häufig in dem Glauben
gelassen, dass Lebensmittel, die extra für Kinder entwickelt wurden, besonders gesund seien“, weiß Flögel. „Schuld daran sind unter anderem gesundheits- und nährwertbezogene Werbebotschaften auf der Verpackung, z.B. ‚Extra Vitamin D‘ oder ‚ohne künstliche Aromen‘.“

Produkte stammen aus Supermarkt und von Discounter in der Vier-Tore-Stadt

Studierende aus dem Studiengang Diätetik (Matrikel 2022) haben in Kooperation mit der
Verbraucherzentrale Mecklenburg-Vorpommern e.V. und im Rahmen des Studienseminars Public Health Nutrition eine Marktanalyse zu Lebensmitteln mit Kinderoptik durchgeführt. Dabei analysierten sie 103 Produkte aus einem Discounter und einem Supermarkt in Neubrandenburg. Untersuchungsgegenstände waren Obst-, Gemüse- und Getreideprodukte (inkl. Cerealien), Kinder-Milch und Milchprodukte sowie Wurst und Fleischwaren. Nicht untersucht wurden Süßigkeiten, süßes wie salziges Gebäck und gesüßte Getränke, da es dafür ohnehin keine Verzehrempfehlungen durch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) gibt.

Von den vermeintlich für Kinder sehr gut geeigneten Lebensmitteln wurden insbesondere die
Nährstoffzusammensetzung und die kindgerechte Gestaltung der Produktverpackung analysiert. Dabei stellte sich heraus, dass die meisten Lebensmittel mit Kinderoptik, die häufig sogar nährstoff- bzw. gesundheitsbezogen beworben werden, regelrecht ungesund sind. Ein regelmäßiger, mehrmaliger Konsum pro Tag kann dazu führen, dass sich die Energiezufuhr von Kindern um 20 Prozent erhöht, die Salzaufnahme verdreifacht und die Fettaufnahme verdoppelt. „Im Resümee sind also, von einzelnen Ausnahmen abgesehen, Lebensmittel mit Kinderoptik eher bedenklich als empfehlenswert“, fasst Flögel zusammen.

Nur acht der erfassten Produkte wurden als empfehlenswert eingestuft, wobei die Professorin
auf eine weitere Falle hinweist: „Diese acht Produkte waren zwei bis zweieinhalb Mal so teuer wie herkömmliche Lebensmittel in Bioqualität.“ Zumeist platzieren die Marktbetreibenden diese Lebensmittel außerdem auf Augen- und Greifhöhe von Kindern.

Verbraucherzentrale nimmt Analyse sehr ernst

Die Nachwuchsforschenden präsentierten die Ergebnisse der Studie Ende Oktober beim Fachforum Kinderlebensmittel der Verbraucherzentrale M-V e.V. in Rostock. Die Verbraucherzentrale Mecklenburg-Vorpommern nahm die Analyse sehr ernst und will sich auf Bundesebene für eine gesetzliche Regelung für die Vermarktung von Kinderlebensmitteln einsetzen. Mit der Gesundheit der Kinder solle nicht weiter gespielt werden. Bis dahin raten Verbraucherzentrale, Studierende und die Professorin den Eltern dazu, Werbebotschaften
kritisch zu hinterfragen.

„Am besten lassen sie gleich die Finger von Wurst in Spielzeugform oder Joghurt mit Kinderhelden. Kinder brauchen im doppelten Sinne keine Extrawurst. Wenn die Kinder das essen, was die Eltern verzehren und sich die Eltern dabei an der DGE-Ernährungsempfehlung orientieren, ist es der gesündere Weg“, empfiehlt Flögel. Und wenn die Lebensmittel doch einmal ansprechender für die Kinder gestaltet sein sollen, dann kann man z.B. auch Gurken und Paprika in Sternchenform ausstechen. Das ist gesund und günstig.
Weitere Informationen zur Studie sind auf der Seite des Studiengangs Diätetik zu finden unter

Aktuelles – Hochschule Neubrandenburg (hs-nb.de)