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„Überall dort, wo noch Gleise liegen, lassen sich Strecken
relativ schnell wieder mit Bundesgeld auffrischen und wieder in Betrieb nehmen. So könnte das Verkehrsnetz auf dem Land schnell ein stärkeres Rückgrat bekommen. Ein Beispiel neben der Südbahn ist dafür auch die Bahnstrecke von Neustrelitz nach Feldberg“, so Johannes Arlt, SPD-Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Mecklenburgische Seenplatte II/Rostock III.
Arlt hatte dieser Tage zu einer Sonderzugfahrt von Malchow nach Krakow am See und zurück eingeladen. Im Zug trafen mit dem Betreiber der Bahnlinie, der Hanseatischen Eisenbahn, Vertretern verschiedener Verbände wie Allianz pro Schiene, Pro Bahn und dem übergreifenden Verband Deutscher Verkehrsunternehmen VDV Nord, Vertretern der Kommunal-, Landes- und Bundespolitik von LINKEN bis CDU jede Menge Wissen und Kompetenz zusammen. Das Ziel war sehr hoch gesetzt: den Weg zur Reaktivierung von Bahnlinien im ländlichen Raum abzustecken.
In seinem Eingangsstatement sagte Arlt, das Bahnverkehrsnetz sei mit den Stilllegungen und Außerbetriebnahmen von 1995 bis 2015 erheblich ausgedünnt worden. Ein Beispiel dafür sei das Mecklenburger Südbahnnetz: Heute werden sowohl die
Ost-West-Verbindung von Waren-Parchim als auch die Nord-Süd-Verbindung von Güstrow nach Meyenburg nur eingeschränkt, teils auch unregelmäßig im Linienverkehr befahren.
Schienenverkehr hat höchste Priorität in Berlin
Der Bundestagsabgeordnete Detlef Müller, den Johannes Arlt als den „höchsten SPD-Verkehrspolitiker aus Berlin“ vorstellte, nannte gleich am Anfang die wichtigsten Eckpunkte der Berliner Politik: „Der Bahnverkehr hat höchste Priorität in der Koalition. Viele Investitionen werden nötig sein, um die Fehler der Bahnreform zu beseitigen und die Infrastruktur für den hohen Bedarf in naher Zukunft herzustellen. Die Schiene ist das Rückgrat der Verkehrspolitik – auch im ländlichen Raum.“ Er räumte ein, dass das Verkehrsnetz derzeit den wachsenden Anforderungen einer klimafreundlichen Verkehrspolitik nicht mehr gerecht wird.
Bahnbetreiber: Uns Privaten blutet das Herz
Verschiedene lokale Initiativen von Waren über Malchow bis Güstrow waren eingeladen worden und lobten die Initiative des heimischen
Bundestagsabgeordneten zu dieser Diskussion mit Verkehrsexperten. An der Eisenbahnfahrt nahm auch Tino Hahn für den heutigen Betreiber der Bahnstrecke teil. Hahn ist in der Deutsche Eisenbahn und Service AG-Gruppe (DESAG) für den Bereich Finanzen und IT verantwortlich und zugleich Geschäftsführer des Ostmecklenburgischen Bahnwerkes in Neustrelitz. „Uns Privaten blutet das Herz, wenn wir an die Vernachlässigung der Strecken denken und an den langen Betrieb auf Verschleiß. Gleichzeitig versprach Hahn großes Engagement für die Bahn und erklärte, dass es oft kostengünstiger sei, wenn kleinere, private Eisenbahnunternehmen das Nebenbahnnetz instand halten. „Es ist nicht fünf vor 12, sondern 5 nach 12“, brachte Tino Hahn im Zusammenhang mit von der Politik angstrenkten aufwändigen Kosten-Nutzen-Analysen den Aspekt Zeit auf den Punkt, „weil die Bahnstrecken zwar noch erhalten sind, aber dringend instandgesetzt werden müssen.“
Verheerende Vernachlässigung
Auch Andreas Butzki, SPD-Landtagsabgeordneter aus Neustrelitz,
schlug mit seinem Statement in diese Kerbe: „Wenn man Infrastruktur abbaut, kommt sie nicht wieder.“ Wenn man Bahnstrecken vernachlässige, wie die vollständig erhaltene von Neustrelitz nach Feldberg, sei das verheerend. „Diese Strecke muss nicht nur von Unkraut und Birken befreit werden, teilweise muss auch der Unterbau erneuert werden. Die Mängel bestehen seit DDR-Zeiten.“
„Keine Insellösungen, sondern Vernetzung mit dem Streckennetz ist der Schlüssel zum Erfolg“ konstatierte der SPD-Bundestagsabgeordnete Christian Schreider. Er verwies auf sein Heimatbundesland Rheinland-Pfalz, in dem seit der
Bahnreform unter liberalen Verkehrsministern sechs Strecken reaktiviert wurden.
Die Reaktivierung von Eisenbahnstrecken in MV war auch Thema auf dem Landesparteitag der SPD am vergangenen Sonntag in Rostock. Dabei war das Netz der Mecklenburger Südbahn nur ein Teil des Forderungspakets, das die Kreisverbände der Bundespolitiker Johannes Arlt und Erik von Malottki eingebracht haben und das nun Position der Sozialdemokraten in MV ist.
Günter J. Stolz sagte:
Die Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken mag eine gute Idee sein, für die sich Politiker gern und publikumswirksam einsetzen. Doch wer soll diese Bahnstrecken betreiben (schon jetzt hat die Bahn nicht genug Personal, um vorhandene Strecken zu bedienen), wer soll mit diesen Zügen fahren und wer soll den laufenden Unterhalt finanzieren? Für keine dieser Fragen kann derzeit eine befriedigende Antwort gefunden werden.
Strelitzius sagte:
Zu diesem Beitrag erreichte mich folgender Kommentar:
Es ist schön zu lesen, dass sich sogar Landespolitiker für die geschlossenen Eisenbahnstrecken interessieren. Aber man sollte mal nachfragen, warum zur Zeit so viele Regionalzüge nicht fahren! Laut Medien soll ja der hohe Krankenstand bei DB Regio schuld sein. Nur komisch, dass es diesen dort nicht gibt!
Vielmehr soll ein Schreiben vom Land vorliegen, welches den Stillstand der Züge fordere. Anscheinend eine weitere Aktion, um DB Regio aus dem Land zu drängen und die ODEG weiter zu fördern. Schließlich hat Herr Pegel da gute Beziehungen!
Ich bitte darum meinen Namen nicht zu nennen, da ich bei der DB arbeite!
Johannes Arlt sagte:
Sehr geehrter Herr Stolz,
Der Unterhalt, die Sanierung und Instandhaltung von Eisenbahnstrecken kann über Projekte aus dem sogenannten Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz finanziert werden. Der Bund fördert damit das Engagement in Ländern und Kommunen mit bis zu 85 Prozent der Investitionssumme.
Mich ärgert, dass von den bereitgestellten Mitteln (mehrere Milliarden) z.B. im letztem Haushaltsjahr kein einziger Euro in ländliche Regionen geflossen ist. Das möchte ich als Abgeordneter für unsere Region ändern.
Einen Fachkräftemangel haben wir in nahezu allen Branchen, das ist keine Situation, die sich nur im Verkehrssektor auswirkt. Der Betrieb ermöglicht aber mehrere persönliche Effekte: Zum Beispiel wird die Infrastruktur im Fall der Südbahn auch für die erhöhten Gütertransporte zum Energiehafen Rostock benötigt, die auf den Hauptstrecken kaum leistbar sind. Gerade auf Nebenstrecken bilden Güter- und Personenverkehr eine Mischkalkulation und sichern so einen wirtschaftlichen Betrieb.
Auf der Südbahn könnte mit dem Karower Kreuz die Fahrzeit nach Berlin und für Touristen in die Seenplatte signifikant verkürzt werden.
Und zum Punkt….wer soll die Züge benutzen, dazu muss ich in Zeiten des 9EUR-Tickets wohl kaum etwas erklären. Menschen nutzen die Bahn, wenn sie einfach zu benutzen und verfügbar ist. Mit Kapazitätsvorteilen gegenüber dem Bus.Unsere Strecke nach Feldberg könnte zum Beispiel für Schüler und Berufspendler sehr interessant sein, Bus- und Bahnverkehr könnten einen gemeinsamen Stundentakt bilden und bis nach Mirow durchgebunden werden. Auf Grund unseres Postfrachtzentrums wäre auch ein Versuch der gemeinsamen Güter- und Personenbeförderung in einem Zug möglich.
Und zuletzt: eine funktionierende Daseinsvorsorge in allen Teilen des Landes ist auch immer ein Stück Gerechtigkeit gegenüber den Menschen, die überall gleiche Steuern zahlen.
Beste Grüße,
Johannes Arlt
Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.
Günter J. Stolz sagte:
Guten Tag Herr Arlt !
Ob es angesichts leerer Staatskassen sinnvoll ist, regionale Bahnstrecken mit Milliardenbeträgen zu subventionieren, kann man unterschiedlich sehen. Leisten können wir uns das – bei Lichte betrachtet – nicht.
Das 9 Euro Ticket sagt in diesem Zusammenhang nichts aus. Die Leute sind (zusätzlich) Zug gefahren, weil es nichts gekostet hat. Der Autoverkehr hat kaum abgenommen.
Wenn eine Zugverbindung Feldberg und Neustrelitz miteinander verbindet, werden die Einwohner dieser beiden Städte diese Verbindung möglicherweise gelegentlich nutzen und manchmal ein Tourist für einen Tagesausflug. Ob sich dafür der riesige Aufwand lohnt? Schüler aus dem Umland müssten jedoch nach wie vor mit dem Bus nach Neustrelitz fahren oder sollen leere Busse in die Feldberger Region fahren, um die Schüler zum Bahnhof zu bringen und dann leer zurückfahren ?
Ob es sinnvoll ist, Pakete vom Postfachzentrum zum Bahnhof Neustrelitz zu bringen und sie in Feldberg wieder auf LKWs zu laden, um sie zu den Empfängern zu bringen, kann ich nicht beurteilen. Der logistische Aufwand könnte jedoch vielleicht zu hoch sein.
Man muss auch einmal fragen, ob die Menschen in unserer Region nicht drängendere Probleme haben, als fehlende Regionalbahnen.
Ich wünsche Ihnen ebenfalls ein schönes Wochenende und viel Erfolg bei Ihrer politischen Arbeit!
Herzliche Grüße
Günter J.Stolz
Johannes.arlt@bundestag.de sagte:
Danke für Ihre Hinweise! Natürlich handelt es sich bei politischen Initiativen immer um Priorisierungen, die man anzweifeln kann. Allerdings ist die Reaktivierung einer Bahnstrecke im Fall Neustrelitz-Feldberg auch kein Vorhaben, dass in wenigen Monaten umgesetzt werden kann.
Ihnen ebenfalls ein schönes Wochenende.
Beste Grüße,
JA
Ennio Cacciato sagte:
Sehr geehrter Herr Arlt,
bitte lassen Sie sich von Ihrem Ziel, möglichst viele Bahnstrecken im ländlichen Raum zu reaktivieren (gerade auch die nach Feldberg), nicht abbringen. Auch ich verstehe die Einwände von Herrn Stolz. Aber auch Herr Stolz kann die Zukunft nicht vorhersehen. Als die Schweizer im 19.Jhd. die Zahnradbahnen in die Berge bauten, hätte auch niemand geglaubt, wie wirtschaftlich sie noch im 21.Jhd. betrieben werden würden. Ich erwarte auf jeden Fall sehnsüchtig den Tag, um mit dem Zug zwischen Neustrelitz und Feldberg hin- und herfahren zu können – ganz egal ob mit 9€-Ticket oder zum normalen Preis.
Beste Grüße
Ennio Cacciato