Ich habe lange gezögert, das Ergebnis meines Experimentes zu veröffentlichen. Schließlich rückt es mich in ein merkwürdiges, ja vielleicht sogar schiefes Licht. Aber ich wollte auch mal dabei sein. Sonst wird man als Werktätiger ja eher komisch angeguckt, wenn man nach Feierabend im Supermarkt nach Artikeln fragt, die als Sonderangebote im Werbeblatt zu finden waren.
Also habe ich mich früh um 6.45 Uhr in die Spur begeben. Nein, ich habe kein wirkliches Alkoholproblem. Aber wenn das sächsische Lieblingsbier nun mal sensationell günstig angeboten wird und die Bestände im eigenen Keller nach den Feiertagen gegen Null gehen, wird unsereins schwach. Tatsächlich habe ich auch eine Kiste des guten Gerstensaftes abbekommen.
Nun weiß ich ja nicht, ob es an der zeitigen Morgenstunde lag und ich noch ein wenig im Koma war. Jedenfalls wurde mir erst bewusst, was ich da getan hatte, als ich die Hecktür meines Wagens öffnete, um den Einkauf zu verstauen. Weil, den konnte ich ja schlecht mit ins Büro nehmen. Mensch, ich bin noch in der Probezeit!
Womit wir wieder bei meinem Experiment wären. Überlebt Flaschenbier bei minus 11 Grad Außentemperatur einen Arbeitstag plus Überstunde in Altstrelitz auf einem nach allen Seiten offenen Parkplatz in einem abgestellten Hyundai? Kaum zu glauben, ja! Zumindest, wenn man die Kiste noch in die Kuscheldecke vom Rücksitz wickelt. Ich hoffe, meine Mitmenschen um eine Erkenntnis reicher gemacht zu haben. Bei anderen Automarken oder Weglassen der Decke übernehme ich allerdings keine Garantie. Auch nicht für Bier, das nicht aus dem Vogtland stammt.
Es ist doch gut, wenn man Lehrer unter seinen Freunden hat, wie Ulli Hahn aus Leussow. Er schreibt: „Du hast wirklich Glück gehabt, dass die Flaschen nicht geplatzt sind. Ich hab mich gleich mal an meine Fachbücher Physik gemacht und etwas über Gefrierpunkte bei Alkoholmischungen zu erfahren.
Alkohol gefriert bei -114 Grad Celsius (149 Kelvin), Wasser bei 0 Grad Celsius (273 Kelvin).
Falls du nun denkst 50 % iger Schnaps gefriert bei (149 + 273) : 2=211 K
(-62o C), dann irrst du. Ich fand folgende Formel: delta T(s)/T(s) = c*k*T(s)/q
delta T(s) … Änderung der Übergangstemperatur
T(s) … Übergangstemperatur (bei Wasser 273 K)
c … c ist die Konzentration der Lösung (c = N(c)/N –> N(c) … teilchenzahl des gelösten Stoffes, N … teilchenzahl des Lösungsmittels)
k … Boltzmannkonstante
q … Umwandlungsenthalpie (von Wasser zu Eis ~-6000 J/mol)
Eine Faustformel: Vol. Alk : 2 = Gefrierpunkt in Grad Celsius.
Also 40 % iger Wodka gefriert bei -20 Grad Celsius. Demnach Bier (4,8%) bei -2,4 Grad Celsius! Wie gesagt, Glück gehabt! Es gibt aber noch viele andere Einflussfaktoren: Es kann zu einer Entmischung von Wasser und Alk kommen Es bilden sich dann in der Flasche Eiswürfel. Eis dehnt sich wegen der Anomalie des Wassers aus und kann die Flasche platzen lassen. Die Druckänderungen haben Einfluss auf den Gefrierpunkt. Das Entscheidendste ist aber, dass aufgetautes Bier schal ist und gar nicht mehr schmeckt.“
Vielen Dank dafür, lieber Ulli, das wollte ich der interessierten Gemeinde unbedingt noch zukommen lassen. Und was das Bier angeht, gekostet habe ich es noch nicht. Aber schon wieder zittern mir die Knie.
Mit Bier habe ich dies- und auch andersbezüglich keine Erfahrung, kann aber die Trennung der Bestandteile beim Einfrieren auch von Softdrinks ganz aktuell, aber auch aus Erfahrung durchaus bestätigen.Bei hinreichend kühlen Außengrade lagere ich meine Getränke gern auf dem Balkon, vor allem, wenn sich die Temperaturen von oben gesehen der 0°C-Marke nähern. Es gibt da ja so dunkle Limonaden, die bei 3°C Eigentemperaturen am besten schmecken. 😉 Vergisst man aber, so wie ich, nach Silvester seine Getränke draußen, Erlebt man recht unterschiedliche Verhalten.
Einerseits gibt es Getränke, die einfach zu Eis gefrieren. Das ist in den PET-Flaschen recht unproblematisch, da sie sich ggf. mit ausdehnen (und teilweise verformen). Nur beim Auftauen bei Zimmertemperatur kann man dann den schönen Effekt beobchten, dass sich durchaus unterschiedlich farbende Schichten abzeichnen. Das kann man zwar wieder mischen und das Getränk beliebt trinkbar, nur an Kohlensäure hat es meistens eingebüßt.
Andererseits gibt es Getränke, die flüssig bleiben. Zumindest eine Zeitlang. Da freut sich der auf Erfrischung hoffende und greift zu, um nach dem Öffnen und dem Versuch, Teile des Flascheninhaltes ins Glas zu verfrachten, festzustellen, dass sich in der Zeit eine Art sehr feuchtes Sorbet in der Flasche gebildet hat. Da hilft dann auch nur langsames Auftauen, um wenigstens einen Teil der Kohlensäure wieder ins Getränk zu bekommen.