
Der eine oder andere Nachkoch, die eine oder andere Nachköchin meiner Rezepte weiß sicherlich, dass ich bei der Auswahl in meiner Sammlung gern mal in die Ferne schweife. Schließlich ist man ja ein Bibliotheksregal hoch gut sortiert. Und Essen indischer Art ist bei uns lange nicht auf den Tisch gekommen. Die Holde hatte mir zur Wochenmitte signalisiert, dass wir Überbestände an Fisch im Gefrierschrank haben. Also habe ich ein einfaches Curry ausgewählt, was selbst Anfänger hinbekommen. Die Hoffnung auf Generationsübergriff stirbt zuletzt! Und bei uns in der Familie ist erfreulicherweise diese Hürde genommen, Smiley und Grüße hinüber nach Neuhof.
Allerdings, im heimischen Gewürzregal sollten schon mehr als Pfeffer und Salz stehen. Da sind selbst Vertreter meiner Generation nicht unbedingt Vorreiter. Wir brauchen Kurkuma, Currypulver, Koriander und Nelkenpulver. Wenn ich vom Fischcurry indischer Art schreibe, ist das der Tatsache geschuldet, dass Seelachs und Kabeljau eben nicht vor der Küste des Subkontinents herumschwimmen. Und da hole ich mir doch keinen Beckmesser auf den Hals. Insgesamt 600 Gramm Filet hat meine bessere Hälfte jedenfalls ans Licht der Küche geholt.
Genug geschwafelt! Lasst uns kochen! Die Fischfilets in mundgerechte Stücke schneiden, mit Zitronensaft beträufeln. Zwei bis drei Zwiebeln, je nach Größe, schälen und würfeln. Zwei Esslöffel Öl in einer hochbordigen Pfanne erhitzen und die Zwiebelwürfel darin glasig anbraten. Jetzt die Orgie: Einen halben Teelöffel Kurkuma, zwei Teelöffel Currypulver, eine reichliche Prise Koriander und eine nicht minder bemessene Prise Nelkenpulver dazugeben. Rührend das rund fünfminütige Schmoren begleiten.
Inzwischen zwei Lauchstangen vom Grün befreien, gut waschen und in dünne Ringe schneiden. Die wandern dann mit den Fischhappen auch in die Pfanne, Deckel drauf, und die Party bei mäßiger Temperatur knapp zehn Minuten dauern lassen. Jetzt sind als neue Gäste 400 Gramm Tomaten aus der Dose gefragt. Wir sprechen wohlgemerkt vom Abtropfgewicht. Den Saft fange ich auf, eine Prise Pfeffer dran und nach dem Essen trinken. Meine Großmutter hat immer gesagt, das ist gut für das Immunsystem und die Verdauung. Ich grüße dich da oben, Omi…
Die Tomaten ohne Flüssigkeit kommen ebenfalls in die Pfanne und werden vorsichtig zerkleinert, damit der Fisch keine Blessuren davonträgt. Mit gleicher Vorsicht habe ich zwei Esslöffel Crème fraiche untergehoben. Das den Indern abgeguckte Curry final kräftig nun doch noch mit Salz und Pfeffer abschmecken.

Natürlich gehört Reis beigelegt. Bei uns kommt ja generell die Mischung aus wildem und kultiviertem Korn auf den Teller. Wer allerdings beispielsweise mit Basmati in schödem Weiß unterwegs ist, kann der Tristesse mit etwas Kurkuma und/oder Currypulver im Kochwasser begegnen.
Ich konnte dem üppigen Wachstum in meinem Kräuterhochbeet nicht widerstehen und habe noch eine Handvoll kleingehackte Petersilie und ein paar Blättchen Thymian dekorativ über das Mahl verstreut. Die Inder mögen es mit Großmut quittieren. Kochen ist Experimentieren, und vor allem Völkerverständigung! Aber nun endgültig guten Hunger, besten Appetit, und auf Hindi wünsche ich apane bhojan ka aanand len!



Hört sich wieder prima an, das Rezept. Ich finde auch die sprachliche Präsentation ihrer Kochgeschichten immer wieder prima, lieber Herr Gross. Wenn sie von ihrer Holden schreiben und ohne unsägliches Gendern alles unmissverständlich zum Ausdruck bringen, ist das höchst wohltuend. Schönes Wochenende!
Gefällt mirGefällt mir
In der Tat koche ich lieber, als ich gendere. Und meine Holde trägt es mit Fassung. Auch Ihnen ein schönes Wochenende.
Gefällt mirGefällt mir
Beim kostenlosen (also werbungsfinanzierten) Streamingdienst PlutoTV gibt es einen Kanal, der sich „Chefkoch nennt (https://pluto.tv/de/live-tv/pluto-tv-chefkoch-de) und ab und an (wie genau und zufällig zum Zeitpunkt der Niederschrift dieses Kommentars) Reise-Koch-und-Ess-Dokus von Rick Stein in Indien zeigt. Er sucht dort nach DEM Curry-Rezept (das es natürlich nicht gibt) und präsentiert die regionale Vielfalt. Sehr interessant! Wer sich das mit ernsthaften Gedanken ansieht, wirft hinterher das fertige Currypulver weg und tut beim Zubereiten erst die Gewürze ins heiße Öl und dann die Zwiebeln (und anderen Zutaten). 😉
Gefällt mirGefällt mir