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Glosse

Also, ich sage es mal so: Mein Verhältnis zu Enten ist nicht das beste. Dabei nehme ich unsere alljährliche Weihnachtsente mal aus. Meine Abneigung stammt aus Zeiten, als ich noch Hundehalter war. Mit “Sitz”, “Leg dich hin”, “Bleib” oder “Komm her” hatte mein Ricky so seine Probleme. Aber bei “Enti” wusste er sofort, was Sache ist. Wenn es überhaupt des Hinweises bedurfte. Der Münsterländer stürzte sich zu jeder Jahreszeit in die Gewässer der Region und lebte seinen Jagdinstinkt aus.

Nur hatte er jedes Mal die Rechnung ohne die durchtriebenen Enten gemacht. Die ließen den armen Hund bis auf Bissweite heranschwimmen, ehe sie höhnisch schnatternd aufstiegen und den nicht flugfähigen Vierbeiner allein auf weiter See ließen. Was der immer mit einem markerschütternden Jaulen quittierte. Das kann einen schon fertig machen, wenn man nie ein Erfolgserlebnis hat. Wenigstens eine Ente hätte sich ja mal erbarmen können. Ricky tat mir jedes Mal in der Seele leid. Einmal ist der erfolglose Jäger sogar auf einem zugefrorenen See ins Eis eingebrochen und in Lebensgefahr geraten. Alles wegen der Federviecher. Zum Glück konnte er sich allein aus der Misere befreien.

Heute hat meine negative Haltung gegenüber Enten neue Nahrung erhalten. Die sind nicht nur durchtrieben, sondern sogar auf Krawall gebürstet. Rentner haben zwar niemals Zeit, schon gar nicht als Kleinunternehmer, aber den Luxus des täglichen Schwimmens im Weißen See meiner Heimatstadt Wesenberg gönne ich mir bei dem Bilderbuchwetter. Die Idylle am Strand und in den glasklaren Fluten ist außerhalb der Ferien vollkommen, man kann sie besonders von der neuen Badeplattform aus genießen. Wenn sich da nicht dieser fette Erpel ausgebreitet hätte. Statt zu fliehen, riss er den Schnabel auf und machte mich dumm an. Ich verstand so was wie “verdünnisiere dich, das ist hier mein Sonnenplatz”. Eigentlich wollte ich nach gefühlten 30 Jahren nur mal ausprobieren, ob ich noch einen Kopfsprung hinbekomme. Die Gelegenheit war günstig, ich ganz allein am Weißen See, ohne Zuschauer. Bis auf den blöden Vertreter der Gattung Geflügel. Ich habe ihn dann nass gespritzt, das wirkte. Offenbar war der ignorante Okkupant auch noch wasserscheu.

Gerächt hat sich der Vertriebene trotzdem. Ob er selbst es war, oder ob er einem gefiederten Erfüllungsgehilfen Bescheid gegeben hat, lässt sich nicht abschließend klären. Jedenfalls fand ich nach Rückkehr ans Ufer mein dort zurückgelassenes T-Shirt bekackt vor. Idylle hin, Idylle her, der Moment war einfach nur beschissen. Und der Enterich saß schon wieder auf der Plattform und guckte triumphierend übers Wasser. Diesmal glaubte ich so was wie “das haste nun davon” zu hören. Wahrscheinlich hätte er mir am liebsten noch den Stinkefinger gezeigt, aber den gaben seine Paddel wohl nicht her.