Zu den zahlreichen Wohltaten, mit denen mich mein Arbeitgeber überhäuft, gehört auch ein Fahrsicherheitstraining. Der theoretische Teil ist erledigt, der praktische soll im Herbst folgen. Als ich die Offerte annahm, ahnte ich noch nicht, dass mir bereits im Urlaub alles an Fahrpraxis abverlangt werden sollte.
Wie viele Menschen, strebe auch ich nach persönlichen Herausforderungen. Und da ich altersmäßig für die Marsbesiedlung nicht mehr in Frage komme, habe ich mit dem Finger auf die Karte von Mallorca, genauer geschrieben, auf den nördlichsten Punkt der Ferieninsel Mallorca getippt, das Cap de Formentor. Eine rund 13 Kilometer lange Serpentinenstraße führt von Port de Pollenca dort hinauf und verlangt dem Fahrer einiges ab. Der angetrauten Beifahrerin auch.
Nichts für Leute mit Höhenangst, nichts für unsichere Fahrer. Am besten schön geradeaus und nicht zu der Seite blicken, wo der Abgrund gähnt. Vor jeder Kurve mit dem Schlimmsten rechnen. Und keine Panik im Tunnel. Wenn du kaum etwas siehst, hast du entweder vergessen das Licht einzuschalten, oder die Sonnenbrille sitzt noch auf der Nase, oder beides. Die Schemen vor dir sind Radfahrer, die zwar über ausgeklügelte Gangschaltungen, aber keine Beleuchtung an der Tretmaschine verfügen. Auch sie wollen hoch hinaus und fallen für mich unter die Kategorie Wahnsinnige.
Auf halber Strecke gibt es auf einem Plateau einen Parkplatz. Von dort führt ein noch abenteuerlicherer Abzweig zu einem alten Aussichtsturm. Ich warne Neugierige. Als ich unseren kleinen Fiat dort hochgebracht hatte, musste ich mich nach dem Aussteigen erst einmal drei Minuten an der Türklinke festhalten. Und in die Tiefe schauen ging gar nicht, nur in die Weite. Unglaublich, dass Menschen solche Straßen bauen können.
Irgendwie wieder zum Parkplatz und damit auf die ursprüngliche Cap-Route gekommen, führt die Straße zunächst erneut kurvenreich hinunter bis zum Meer und zu einer eigentlich nach so viel Angstschweiß besonders verlockenden Badebucht. Hier werden satte neun Euro Parkgebühr kassiert, das ist schon ein bisschen bösartig. Und wieder die Kurven hinauf bis zum Cap mit seinem Leuchtturm.
Die letzten 200 Meter bringen den Clou des Fahrtrainings: Stop and Go im 45-Grad-Winkel mit einer 180-Grad-Kurve. Per Handzeichen immer noch ein paar Meter Raumgewinn, bis eben nichts mehr geht weil, das Cap ist voll. Die Aussicht entschädgt für alles, die kleine Wasserflasche für drei Euro auch.
Letzte Erfahrung: Runter geht es besser als hoch und je kleiner dein Auto, umso günstiger. Schließlich kann dir auch ein Bus begegnen. Übrigens sind Mietwagen besser als ihr Ruf. Die Holde hat mir gestanden, sie habe die ganze Zeit überlegt, was zu tun wäre, wenn ich ausfalle. Dass sie weiterfährt, hatte sie schon mal abgewählt. Bloß, wenden ist nicht, und vom Berg runter holt dich wahrscheinlich auch keiner. Fahrtraining im Herbst? Hatte ich schon im Spätsommer. Man gönnt sich ja sonst nichts.