
Namens des Neustrelitzer Kulturrates hat dessen Vorsitzender Horst Conradt seine Kritik an der Stadtverwaltung erneuert, im Veranstaltungskalender für 2023 das Jubiläum 175 Jahre Revolution von 1848 vergessen zu haben. Dafür habe er kein Verständnis, hatte er bereits Ende vergangenen Jahres in einem Schreiben ans Rathaus zum Ausdruck gebracht. Bei einem Gespräch mit Strelitzius am gestrigen Mittwoch, an dem auch Ratsmitglied Dr. Frank Havemann und Dr. Friederike Viß vom Verein für Kultur, Umwelt und Kommunikation (VfKK) – Sozio-Kulturelles Zentrum Alte Kachelofenfabrik teilnahmen, verwies Conradt darauf, dass in Neustrelitz ganz hervorragende 48er Demokraten wie Daniel Sanders, Adolf Glaßbrenner und Karl Petermann gelebt und gewirkt haben.
Einzig den Aktivisten rund um den Kulturrat und den VfKK, komplett ehrenamtlich, und dem Kulturquartier Mecklenburg-Strelitz ist es zu danken, dass in diesem Jahr in Neustrelitz, offiziell anerkannter “Ort der Demokratiegeschichte”, der Revolution von 1848 mit einem würdigen Programm (Strelitzius berichtete) gedacht wird. Dazu konnten auch Fördermittel vom Bund eingeworben werden. Der Ausschuss für Kultur und Tourismus der Stadtvertretung habe laut Conradt die Planungen der Ehrenamtlichen lediglich “billigend in Kauf genommen”.
1998, zum 150. Jubiläum der Revolution von 1848, hatte die Stadt Neustrelitz noch ein Projekt aufgelegt und einen Festakt veranstaltet. In einer zeitgleich erschienen Broschüre hatte der damalige Bürgermeister Rainer Günther sich gewünscht, “dass Projekte dieser Art fester Bestandteil im gesellschaftlichen Leben unserer Stadt werden, dass wir möglichst viele Anlässe nutzen, um in politischen Streitgesprächen Stellung zu beziehen und das Demokratieverständnis zu stärken”.
2001 hatte Horst Conradt im Neustrelitzer Theater anlässlich seiner Auszeichnung mit dem Daniel-Sanders-Kulturpreis gesagt: “Wenn die Politiker und Kulturschaffenden hierzulande sich immer wieder der Verpflichtung stellen würden, die Daniel Sanders und seine Mitstreiter formuliert haben, wenn diese 48er Tradition die Grundlage demokratischen Handelns wäre, brauchte uns um die Kultur hier im Landkreis nicht bange zu sein.” Unter dem Eindruck der Lücke im Neustrelitzer Kulturkalender fügte Conradt Ende 2022 in seinem Schreiben an die Stadtverwaltung an: “Darum muss uns allerdings sehr bange sein, wenn wir es nicht tun!”
Kein Echo bei den Schulen der Stadt
Frank Havemann betonte bei dem Gespräch gestern in der Alten Kachelofenfabrik, dass “unser Bemühen nicht nur rückwärts gewandt ist. Wir wollen das Bewusstsein für Demokratie wach halten, auch mit Blick auf die 2024 in MV anstehenden Kommunalwahlen in MV.” Leider habe das Revolutionsjubiläum bei den Neustrelitzer Schulen ebenfalls kein Echo gefunden. Dabei sollte es gerade hier Unterrichtsstoff sein.
Die Aktivisten wollen unter anderem darauf hinwirken, dass die Demokratiegeschichte in Mecklenburg-Strelitz auch im Museum der Stadt mehr Raum erhält. Im Kulturquartier wird es zur Revolution von 1848 schon mal eine Ausstellung vom 17. September bis zum 29. Oktober geben. Die Vernissage findet dort am 24. September um 16 Uhr statt und wird eingeführt von Dr. Olaf Briese von der Humboldt-Universität zu Berlin mit dem Vortrag “Gegen die Fanatiker der Ruhe”. Horst Conradt abschließend: “Wir bleiben dran.”