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Ausstellung, Kulturquartier, Mecklenburg-Strelitz, Neustrelitz, Stadtentwicklung, Vereine
In der Neustrelitzer Schlosskirche ist am Sonntagvormittag die Sonderausstellung “Der Neustrelitzer Schlossberg im Wandel” eröffnet worden. Die Ausstellung des Residenzschlossvereins Neustrelitz ist in Zusammenarbeit mit dem Institut für öffentliche Bauten und Entwerfen der Universität Stuttgart sowie dem Kulturquartier Mecklenburg-Strelitz zustande gekommen.
Dem vorausgegangen war am gestrigen Sonnabend an selber Stelle eine Werkstatt-Präsentation studentischer Arbeiten mit rund 50 geladenen Gästen. Prof. Alexander Schwarz, Institutsleiter an der Uni Stuttgart und Design Director der Chipperfields Architects Berlin, sagte, dass er bei seinem ersten Besuch auf dem Schlossberg sofort das “Gefühl der Leere” geteilt habe und dass eine Bebauung hier wichtig für die Stadt sei.
Angelika Groh, Vorsitzende des Residenzschlossvereins, betonte in diesem Zusammenhang, dass Neustrelitz ein guter Standort für die vom Land geplante Musikakademie oder auch die Tourismusakademie sei. Mit einem weiteren Fachvortrag wartete der Architekt David Fornol von der Uni Stuttgart auf. Für eine geschichtliche Einführung sorgte der Neustrelitzer Historiker und Kulturwissenschaftler Marco Zabel.
Eine sehenswerte Ausstellung, dringend zu empfehlen, so Stadtpräsident Ernst-August von der Wense. Er wird in der nächsten Zeit die Mitglieder des städtischen Beirates zum Schlossbergareal einladen. “Vielleicht sollte die Residenzstadt nochmals neu über die Nutzung des Geländes nachdenken – die Ausstellung lädt dazu ein”, unterstrich der Stadtpräsident.
Keiner der in der Ausstellung gezeigten Entwürfe berücksichtigt den geplanten Turm, aber alle berücksichtigen aufgrund der Lage und der Achsenbeziehungen zur Stadt die ursprüngliche Form des Schlosses und eine Nutzung des Kellers. Mehrere Entwürfe empfehlen auch die Wiederherstellung des zweiten Kavaliershauses. Bürgermeister Andreas Grund zeigte sich begeistert von den Ideen.
Die Ausstellung in der Schlosskirche ist bis zum 29. Mai dienstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet, der Eintritt ist frei.


Zu diesem Beitrag schreibt Prof. Helmut Böhme aus Neustrelitz an die Vorsitzende des Residenzschlossvereins, Angelika Groh:
Liebe Frau Groh,
ich habe alles, soweit es möglich, angeschaut und gelesen. Nun bin ich völlig verwirrt und möchte Sie fragen, ist der Residenzschloßverein jetzt auf die alte SED-Linie eingeschwenkt und hat jetzt das Ziel der endgülten Beseitigung jedweder Erinnung an die Mecklenburg-Strelitzer Geschichte? Ich hatte ja Ihnen gegenüber meine Hoffnung nach einer erfolgreichen Veranstaltung ausgedrückt aber ich lese nur von üblichem BLABLABLA!
Nichts, aber auch gar nichts, erinnert an die erwähnenswerte Historie bis hin zum Originalturm, den Gelben Salon und das negative Wirken eines Adolf Hitler. Ist das Ziel des RESI-Vereins, in den Fußstapfen von Bilderstürmern zu wirken? Das kann und will ich nicht glauben! Warum will man das Rad der Geschichte zurückdrehen? In einer Zeit, wo offensichtlich in ganz Deutschland positives Wirken durch ERHALT der Historie auf der Tagesordnung steht, tun Sie das Gegenteil und stellen ein 0815-Ensemble vor.
Zu diesem Kommentar antwortet Angelika Groh:
Lieber Herr Prof. Dr. Böhme,
erst einmal vielen Dank für Ihr Feedback. Offene Worte sind gerade in der heutigen Zeit oft viel zu selten. Insofern freut es mich, dass Sie sich gemeldet haben. Es ist schade, dass Sie nicht zugegen sein konnten. Sicher wäre Ihr Eindruck vor Ort ein anderer gewesen.
Um sich Ihre eigene Meinung bilden zu können, unabhängig davon, was Ihnen zugetragen wurde, lade ich Sie ganz herzlich ein, mit mir die Ausstellung persönlich zu besuchen. Sie ist bis zum 29. Mai bis auf montags geöffnet. Es würde mich sehr freuen, wenn Sie dieses Angebot annehmen. Kontaktieren Sie mich gern!
Bis dahin seien Sie versichert, dass die “Bebauung des Schlossberges im historischen Sinne”, wie es in unserer Satzung steht, stets das Ziel aller Mitglieder des Vereins und insbesondere des Vorstandes ist.
Hochachtungsvoll, Ihre Angelika Groh
PS: Gestatten Sie mir noch eine Anmerkung zu Ihrem Stichpunkt: Gelber Saal und damit verbunden das Thema 3D-Animation Schloss. Wir hätten gern auch neben der ausführlichen Präsentation der Pläne zum Schlossturm in der Ausstellung die 3D-Animation zum Schloss mit eingebunden. Dies hat jedoch Herr Wilfarth abgelehnt.
Zur Antwort von Angelika Groh schreibt wiederum Holger Wilfarth:
Sehr geehrte Frau Groh,
wie kommen Sie zu der Behauptung, dass ich die Präsentation der 3D-Animation abgelehnt habe? Es gab seitens des Vereins keine konkrete Anfrage zu diesem Thema.
Viele Grüße aus Mecklenburg-Strelitz
Holger Wilfarth
Der Neustrelitzer Schlossberg im Wandel – Gedanken zur Ausstellung in der Schlosskirche zu Neustrelitz – 24.04.22 – 29.05.22
Diese interessante Ausstellung in der Schlosskirche berührt ein sensibles Thema unserer Residenzstadt und darüber hinaus. Die aufgeregten und irritierten Reaktionen verschiedener am Thema interessierter Gruppen zeigt
dass es offensichtlich zu Missverständnissen gekommen ist, welche aufgeklärt werden sollen.
Zunächst ist es sehr lobenswert, dass dieses wichtige Thema hier eine große öffentliche Wahrnehmung erfährt. Auch im akademischen Diskurs ist die kritische Rekonstruktion keine Hauptströmung der Lehrmeinung und so ist es spannend ,
was Absolventen einer Universität als Ergebnis intensiver Arbeit als Ergebnisse präsentieren.
Zudem ist der zukunftweisende Schwerpunkt “Bauen ohne Beton” einer Erwähnung wert denn, historische Bauweisen sind gerade hier von großem Wert und Bedeutung. Und noch eines eint die Entwürfe. Sie alle setzen auf nachhaltiges Bauen: Holz und Lehm sind die bevorzugten Rohstoffe. Viele Entwürfe greifen die ursprüngliche Fachwerkkonstruktion des Schlosses auf.
Wer sich also dem Schlossberg und seiner Geschichte nähern will ist hier gut aufgehoben. Auf interessanten Schautafeln wird über die Entstehung der Residenzschlossanlage in den wesentlichen Bauepochen berichtet.
Weiterhin finden wir die Planungen zur Errichtung des Schlossturmes mit der historischen Fassade durch die Stadt Neustrelitz.
Durch das Land Mecklenburg – Vorpommern als Eigentümer, wird in den kommenden Jahren der Schlossberg endlich aufgewertet und „gestaltet“, so dass die Frage zu vieler Gäste unserer Residenzstadt ” Wo gehts denn hier zu Schloss?“ eine
befriedigendere Antwort finden kann.
Die Gestaltungsidee ist folgende…
Die ehemalige Schlossanlage, deren letzte Reste 1950 abgetragen wurden, entstand in zwei baugeschichtlich unterschiedlichen Perioden, die auch in der Gartengestaltung ablesbar sind und unterschiedlich behandelt werden.
Die dominante Nord-Süd-Achse, an deren Hochpunkt das „Alte Schloss“ räumlich ursprünglich einen Orientierungs- und Blickpunkt darstellte, trägt die Idee des Schlossgartens. Das Schloss bildete einen rhythmischen Akzent in dieser barocken Gartenachse.
Es sollen weiterhin die Schnittpunkte der beiden wichtigen Bezugssysteme hervorgehoben werden: das Hirschtor zum Tempel und das ehemalige Schloss zum Markt in der Stadtmitte.
Die Grundidee bleibt “ein Bellevue für den Schlossgarten” zu schaffen, ein schmales helles Band über den grünen Terrassenflächen -, den Grundriss des Schlosses nachzuzeichnen und wichtige Achspunkte mit Lichtstelen zu markieren.
Ein einheitliches Anheben der Grundflächen von den Seitentrakten aus Südost nach Nordwest bewirkt deren spürbare Erhöhung gegenüber Terrassen und Parterre und bildet eine harte bauliche Kante gegenüber dem Garten.
Damit ist eine bessere Orientierung innerhalb des Schlossgartens verbunden.
Die Wände der Bastion und Sitze im älteren Schlossbereich bilden einheitliche zusammenhängende Konstruktionen und stellen in einem hellen Farbton gehalten die räumliche Verknüpfung mit den weißen Exedren her.
Die Brüstungen der Bastion beinhalten Informationen über ehemalige Gebäude und Garten. Die Sitze markieren ausgewählte Raumnutzungen, z. B. die Wohntrakte der Herrschaft, die alte Schlosskapelle und den Konzert- und Tanzsaal.
Im jüngeren Teil der Schlossanlage zitieren einzelne lineare Elemente wesentliche Teile des Grundrisses, ansonsten wird eine einheitliche Bodengestaltung, bis auf den Verbindungsweg aus Rasen, die Fläche bedecken.
https://www.sbl-mv.de/herrichtung-des-schlossbergareals…. neustrelitz
Soweit der Status Quo 2022 und mit der Errichtung des Schlossturmes als Ergänzung bekommt der Schlossberg, als authentischer Ort unserer Landesgeschichte, ein wichtiges und sehr sichtbares Element zurück.
Die Studentinnen und Studenten haben nun weiter darüber nachgedacht, was hier in Zukunft baulich geschehen könnte. Also eine kreative Arbeit und Gedankenspiele im historischen Umfeld.
Nicht mehr und nicht weniger.
Irritieren mag der Artikel im Nordkurier vom 24.4.22 : “So könnte der Neustrelitzer Schlossberg künftig aussehen. Jetzt dürfen sich die Neustrelitzer ein Bild davon machen, wie das Schlossbergareal künftig bebaut werden könnte.
Eine Ausstellung in der Schlosskirche zeigt acht bemerkenswerte Entwürfe.”
Hier wird der Anschein vermittelt, diese Arbeiten hätten einen konkreten Wettbewerbsauftrag. Das ist nicht der Fall .
Für wichtige Aktivposten im Bemühen um unser historisches Erbe kam damit offenbar die Angst auf, mühsam erkämpfte Positionen zum Schlossberg könnten in Frage gestellt werden. Die Gestaltung im historischen Kontext wird immer kontrovers geführt und doch sind wichtige Entscheidungen für die Schlossberggestaltung gefallen, welche nun umgesetzt werden. Die Gedankenspiele dieser Ausstellung gehen weit darüber hinaus und das ist auch gut so.
Neben dem Turm auch den Baukörper der Schlossanlage wieder erstehen zu lassen bleibt eine schöne und große Aufgabe.
Dass Neustrelitz ein guter Standort für die vom Land geplante Musikakademie oder auch der Tourismusakademie ist, liegt auf der Hand und das gern in dem nach historischem Vorbild wieder errichteten Residenzschloss der Herzöge und Großherzöge von Mecklenburg Strelitz.
Besonders der Residenzschlossverein Neustrelitz ist diesem Ort verpflichtet und formuliert in seiner Satzung : „Zweck der Tätigkeit des Vereins ist die Förderung von Kunst und Literatur sowie des Denkmalschutzes und des Heimatgedankens,
insbesondere die Förderung der Wiederbebauung des Neustrelitzer Schlossberges im historischen Sinne sowie der Erhalt des barocken Gesamtensembles der Residenzstadt.“
In der Präambel der Vereinssatzung lesen wir: „Der Brand des Neustrelitzer Residenzschlosses in den letzten Stunden des Zweiten Weltkrieges und die in den Folgejahren verfügte Sprengung und Beräumung der Schlossruine haben in dem durch das Barock geprägten Ensemble der Residenzstadt Neustrelitz eine schmerzliche Wunde hinterlassen. Mit den neuen gesellschaftlichen Bedingungen hat die nie verlorengegangene Vision, der barocken Mittelachse des Schlossgartens mit ihrer Verlängerung bis in die Bürgerhorst und der Achse Markt – Schlossberg wieder einen Bezug zu geben, endlich eine reale Chance, sich zu erfüllen“
Um diese Vision mit Leben anzureichern, wurde der Residenzschlossverein gegründet. Dabei herrscht Klarheit darüber, dass weder der Verein noch seine Mitglieder jemals die Mittel zur Verfügung haben werden, das Schloss in seiner ehemaligen Gestalt wieder entstehen zu lassen. Ziel ist es daher, durch wissenschaftliche Arbeiten, öffentliche Veranstaltungen und andere Aktivitäten vorhandenes Material über das Residenzschloss zu sichten und zusammenzutragen sowie in der Öffentlichkeit das Bewusstsein für die Notwendigkeit
einer Wiederbebauung des Schlossberges in historischem Sinne wiederzubeleben.
http://residenzschlossneustrelitz.de/
In diesem Sinne ist diese Veranstaltung eine gute Gelegenheit dem “Genius loci ” mehr Öffentlichkeit zu geben. Für den Residenzschlossverein und auch die Neustrelitzer Münzfreunde ist eine Gestaltung ganz nah am Original die akzeptable Lösung.
Wer sich die Mühe macht die studentischen Arbeiten zu betrachten findet interessante Denkanstöße für die Konstruktion und Gestaltung. Also kein Grund zur Panik, sondern ein bereichernder Schritt die “Leere auf dem Schlossberg” wieder mit sinnvollem Leben zu füllen.
Martin Blaczejewski / Kulturlandschaft Mecklenburg – Strelitz