Es gibt ja immer Leute, die einem im Vorfeld den Urlaub madig machen wollen. So war zu Cala Millor auch die eine oder andere Bemerkung in Richtung Ballermann zu ernten. Nur, dass sich hier im Osten der Insel die Briten austobten, wo es im Süden die Deutschen täten.
Als überzeugter Europäer nehme ich den Briten zwar den Ausstieg aus der EU übel, aber in Cala Millor ist ihnen höchstens der ausgeprägt schlechte Geschmack sich zu kleiden anzulasten. Andererseits wäre ein Glas an der Promenade nicht das selbe, wenn es nichts zu lästern gäbe. Und selbst bei der Übertragung des Derbys zwischen Manchester City und Manchester United in den vielen Brit-Kneipen am Ort blieben die Fans wohltuend zurückhaltend, misst man sie beispielsweise am Anhang von Hans Rostock.
Die Placa Eureka an der Wasserkante von Cala Millor teilt den Ort in zwei Teile. Während Ballermann-Möchtegernsänger Jens Büchner und andere musikalische Zumutungen die eine Hälfte tatsächlich erheblich in Verruf bringen könnten, hängt die künstlerische Latte auf der anderen Seite jenseits der Partymeile wesentlich höher. Hier geht es insgesamt gediegener zu, hier hat Kultur noch eine Heimstatt, wie schon eine bemerkenswerte Ausstellung eingangs unter freiem Himmel direkt am Meer signalisiert. Vor sich hin rostendes Metall und Naturstein sind zu beeindruckenden Installationen zusammengebracht worden. Übrigens edelkorrodiert es in jedem zweiten Kreisverkehr auf Mallorca. Sollte dem noch kein fotografisch-literarisches Denkmal gesetzt worden sein, ich tue es im Alter.
Die Royal Albert Hall steht direkt am Hotel-Pool
Zurück zur besseren Hälfte von Calla Millor, wo ich immer wieder mit der Holden Ferien machen würde. An den Abenden gibt es zumindest das Zweitbeste auf die Ohren, was das große Britannien zu exportieren hat. So durften wir sehr gute Revival-Bands von Abba und Take That erleben, gab es eine Begegnung mit einem exzellenten Double von Tom Jones und mit schwarzem Jazz vom Allerfeinsten. Auch die beiden englischen Country Girls im Hotel nebenan spielen in der Oberliga. Und gibt es mal keine Live-Musik, dann tut es der Beamer an der Pool-Bar des Marins Playa Suites, der regelmäßig zu den besten Pop- und Rockkonzerten in die Royal Albert Hall entführt.
Ein paar Tage haben wir jetzt auch mit Doppelgängern von Ian Anderson von Jethro Tull und Jon Lord von Deep Purple frühstücken dürfen. Denn noch eines zeichnet unsere ehemaligen EU-Mitbewohner offenbar aus. Haben sie sich erst einmal in der Jugend einem ihrer Idole angeglichen, so bleiben sie dem auch ein Leben lang treu. Oh yeah!