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Sabine Lauffer und Stephan Kunkel, Chefin und Referent der Wirtschaftsförderung MSE, mit Dr. Mischa Paterna (links) im EGZ Waren. Foto: Wirtschaftsförderung MSE

Gestern fand, wie bei Strelitzius angekündigt, die zweite, digitale #MSEwasserstoff der Wirtschaftsförderung Mecklenburgische Seenplatte GmbH (WMSE) statt, ausgestrahlt aus dem EGZ Waren. Diese thematisierte vor 55 aktiv nachfragenden TeilnehmerInnen das Thema „Wasserstoffstandort MSE“.  

Ausgehend von der Annahme, dass das Multitalent Wasserstoff der „Champagner“ unter den erneuerbaren Energien ist – wegen der, auf Grund der oft noch geringen Stückzahlen, entsprechend hohen Kosten -, machten die Ausführungen der fünf Gastredner schnell klar, dass an der Schlüsseltechnologie angesichts der aktuellen klimawirtschaftlichen Situation kein Weg vorbei führt. Und dass die Mecklenburgische Seenplatte wie ganz M-V alle Voraussetzungen für eine globale Spitzenposition im Bereich Wasserstoff hat. 

Dies belegte Dr. Stefan Kaufmann, Innovationsbeauftragter der Bundesregierung für den Bereich „Grüner Wasserstoff“, in seinen Ausführungen zur Rolle M-Vs beispielsweise mit den internationalen Importstrukturen. Die sich angesichts der aktuellen klima- und wirtschaftspolitischen Dringlichkeit unter anderem zu Gunsten der maritimen Logistik und Häfen wie Rostock verschieben. Den rasant wachsenden Importbedarf von bis zu 80 Prozent grünem Wasserstoff möchte die Bundesregierung, so Dr. Kaufmann, abdecken durch neue internationale Partnerschaften mit u.a. Chile, Australien, Namibia oder den Golfstaaten und durch zu errichtende Wasserstoffnetze beispielsweise von Rotterdam zu den Häfen der Ostsee.

Sein Fazit: „Bei einer erforderlichen Einsparung von 750 Millionen CO2-Emission jährlich, um bis 2045 treibhausgasneutral zu sein, ist es dringender denn je, jetzt eine weltweite Wasserstoffwirtschaft aufzubauen. Die Technik dafür ist einsatzbereit. Beim gerade beginnenden Marktanlauf mit entsprechend kleinen Stückzahlen und hohen Kosten werden derzeit zahlreiche neue Förderprojekte aufgelegt, plant der Bund eine Überarbeitung der Wasserstoffstrategie bis Frühherbst 2022.“ 

Bis 2050 ein Viertel des Energiebedarfs decken

Am Beispiel des netzwerkgekoppelten Wasserstoffkraftwerkes der Apex Group in Rostock Laage, Grundlage unter anderem für ein CO2-neutrales grünes Gewerbegebiet mit namhaften Ansiedlungen und eigener Wasserstofftankstelle, zeigte Dr. Mischa Paterna, Geschäftsführer des 2020 gegründeten Wasserstoffenergieclusters M-V e.V., noch einmal die Vielseitigkeit und Breite des Energieträgers Wasserstoff für die künftige Versorgungsinfrastruktur. Laut Dr. Paterna wird Wasserstoff bis 2050 EU-weit 24 Prozent des Energiebedarfs und 5,4 Millionen Arbeitsplätze tragen. „Und M-V ist in der Lage, im weltweit wachsenden Wasserstoffmarkt eine Führungsrolle zu übernehmen.“ Sein Resümee: „Wir müssen uns heute kümmern, damit wir morgen einsatzfähig sind. Die Ausgangslage in M-V mit seinen Möglichkeiten zur Erzeugung regenerativer Energien als Grundlage für grünen Wasserstoff ist hervorragend“. Das Wasserstoffcluster, zu dem bereits nach nur einem Jahr namhafte Mitglieder gehören wie Airbus, Porsche, Apex, GreenLife und Siemens Energy, bündelt in Facharbeitsgruppen politische Interessen, eröffnet den Zugang zu Kommunen und unterstützt bei der Vorbereitung von Förderungen.

Noch deutlicher machte Matthias Niedzwetzki, Gründer und Inhaber der Neubrandenburger WindBauer GmbH, die Standortvorteile von MSE für die Wasserstofftechnologie. Das 2011 gegründete Familienunternehmen mit Wurzeln in der Landwirtschaft konzentriert sich in seinen ganzheitlichen Energieprojekten bewußt auf die Region rund um Neubrandenburg – mit dem Anspruch, in ganzen Energieparks entscheidende Mengen regenerativer Energien zu produzieren, zu steuern und zu nutzen. Dafür hat das Unternehmen u.a. 2019 das Landgut Bartow bei Klempenow erworben, das durch Wind- und Solarparks mit dazugehöriger Fläche für eine Elektrolyse und Wasserstoffherstellung zu einem Energiecluster und zu einem grünen, sich energetisch selbst versorgenden, Gewerbegebiet ausgebaut wird – 1 Gigabite Einspeisepunkte und 380-er Leitungen für die erwartenden gigantischen Energiemengen inklusive. Die sehr realistische Vision des „WindBauers“: Wind- und Solarenergie sich ergänzend und zur Erzeugung von Wasserstoff als Steuerer der Energiemengen und Problemlöser für Wärme, Mobilität und Industrie nutzen. Als ganzheitliche Verbindung von Landwirtschaft, Wind- und Solarparks zu einem Energiepark. Für den grünen Gewerbe- und Energiepark Bartow wünscht sich Niedzwetzki Partner und Investoren aus den Bereichen Elektro- und autonome Mobilität. „Um die auch Forschungsmöglichkeiten unserer ländlichen Region für diese Branchen zu nutzen und in Folge die Mobilität hier zu verbessern.“

Nordfriesen machen es vor

Wie die Energiewende funktionieren kann, zeigt das Beispiel des, von Matthias Lamp, Bereichsleiter Corporate Sales der GP Joule GmbH, vorgestellten nordfriesischen Energiedorfes Bosbüll. Dieses ist Teil des E-Farm-Projektes, das mit 20 Gesellschaftern im Verbund und 16 Millionen Euro Projektvolumen größte nachhaltige Mobilitätsprojekt in Deutschland. In dem die, bei der Elektrolyse entstehende, Wärme für die lokale Nahwärmeversorgung der Haushalte Bosbülls über ein selbst gebautes Wärmenetz genutzt wird. Und für das müssen die einzelnen Haushalte nicht einmal ihre Heizungen umrüsten.
Bei durchschnittlich 17 Cent/kWh steigt die Nachfrage nach dieser klimaschonenden Art der Wärmeversorgung deutlich. Laut Lamp ist Bosbüll eine von zehn Beispielgemeinden in Deutschland – Nachfrage steigend – die den wichtigen ganzheitlichen Ansatz eines Wasserstoffprojektes mit möglichst vielen Teilnehmern verdeutlicht. Von der Erzeugung des Wasserstoffs und der erforderlichen Fläche für die Elektrolyse über die Abnehmer bis hin zur gezielten, ganzheitlichen Verwertung auch der Nebenprodukte wie der entstehenden Prozesswärme zur dezentralen Wärmeversorgung von Haushalten.  

Dass und wie die Notwendigkeit des Ausbaus Erneuerbarer Energien und der grünen Wasserstoffwirtschaft in der Politik angekommen ist und umgesetzt wird, erläuterte als letzte Gastrednerin Hannah Kusche, Referentin im Ministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit M-V, Abteilung Energie und Landesentwicklung. Im Rahmen der Norddeutschen Wasserstoffstrategie arbeiten die norddeutschen Küstenländer in Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung intensiv und themenübergreifend zusammen, um die Standortvorteile des Nordens zum Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft bis 2035 zu nutzen. In M-V wird dies umgesetzt durch zahlreiche Projekte und Initiativen. Allein drei Projekte aus M-V gewannen als HyStarter-Regionen den bundesweiten HyLand-Wasserstoffwettbewerb des BMDV. Begleitet und koordiniert werden die Projekte, Akteure und Entwicklungen in M-V durch die, Anfang 2021 gestartete, Wasserstofftransferstelle.