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Freizeit, Kultur, Mecklenburg-Strelitz, Neustrelitz, Schauspiel

Mit einem Paukenschlag, präziser, mit einem Trommelwirbel hat sich die Theater und Orchester GmbH aus der coronabedingten Zwangspause beim Publikum zurückgemeldet. Am Landestheater Neustrelitz wurde gestern Abend die Uraufführung des Stücks “Die Blechtrommel” nach dem gleichnamigen Roman von Günter Grass in der Theaterfassung von Tatjana Rese mit minutenlangem Beifall und Bravorufen honoriert.
Das war ganz großes Theater! Während ich in der Pause bereits Intendant Sven Müller zu der Inszenierung beglückwünscht habe, verneige ich mich an dieser Stelle vor Schauspieldirektorin Tatjana Rese, die unser Theater so enorm bereichert, und ihrem großartigen Ensemble. Immer wieder hatte die Pandemie das Projekt ins Stocken geraten lassen, nun endlich ist “Die Blechtrommel” auf die Bühne gekommen. Vielleicht will ja gut Ding wirklich Weile haben. Zumindest ist der Inszenierung in jeder Minute anzumerken, mit welcher Sorgfalt die berühmte literarische Vorlage für das Theater adaptiert worden ist. Das ist filigran, da ist gefeilt worden mit aller Hingabe, die der Stoff verdient. Hätte der 2015 verstorbene Grass gestern in Neustrelitz im Parkett gesessen, ich bin sicher, es hätte dem Nobelpreisträger (1979 für “Die Blechtrommel”) gefallen.
Bei der Verwirklichung ihres Herzenswunsches, “Die Blechtrommel” ins Theater zu bringen, konnte Tatjana Rese auf tolle Schauspieler bauen. Allen voran Robert Will als Blechtrommler Oskar Matzerath, der eine beeindruckende Leistung abliefert und eigens noch Schlagzeugunterricht bei Michael Rappold von der Neubrandenburger Philharmonie genommen hat. Dann Angelika Hofstetter in der Doppelrolle von Oskars Mutter und Stiefmutter. Und für mich einer der Besten unter den Guten, Thomas Pötzsch als Musikalclown Bebra. Zu nennen sind die Mimen aber alle, denn hier wurde einmal mehr eine Ensembleleistung ohne Fehl und Tadel abgeliefert: Jonas Münchgesang, Momo Böhnke, Lisa Scheibner, Karen Kanke, Dirk Schmidt, Daniel Felix Adolf, Frank Metzger und Lothar Missuweit.
Das multifunktionale Bühnenbild, Ausstattung Monika Frenz, hat den Akteuren allen Raum zur Entfaltung gegeben. Projektionen von Zeitungen an die absenkbaren Deckenelemente erleichterten es dem Publikum, Oskar Matzerath auf seinem Weg in die Vergangenheit von der Geburt in Danzig in den 20-er Jahren durch die Vorkriegszeit, den Krieg bis ins Nachkriegsdeutschland und die Heilanstalt für psychiatrische Erkrankungen Episode für Episode zu folgen. Wirklich gut gemacht und alle Register gezogen, die am Theater so vorhanden sind.
Spätestens seit der Verfilmung der “Blechtrommel” durch Volker Schlöndorff (1979), für die es 1980 den Oscar gab, kennen sehr viele Menschen die Geschichte von Oskar Matzerath, der schon bei seiner Geburt vollständig entwickelt war und an seinem dritten Geburtstag beschließt, nicht weiter zu wachsen. Dem empfehlenswerten Schauspiel am Landestheater Neustrelitz kann ich erst recht in diesen Zeiten, da der Krieg wieder vor unserer Tür steht, nur viele Zuschauer wünschen, auch und gerade junge Menschen. Das Stück ist so erschreckend zeitgemäß, als sei es eben erst geschrieben worden.
Weitere Termine:
9.3., 10 Uhr (Karten nur über den Theaterservice),
19.3, 25.3., jeweils 19.30 Uhr.


Zu diesem Beitrag schreibt mir Schauspieldirektorin Tatjana Rese:
Vielen Dank für die schöne Kritik und Beschreibung unserer Arbeit. Es hat uns gestern Abend allen gut getan, dass wir nach so langer Abstinenz, endlich wieder vor Publikum spielen konnten. Ich glaube, dass das auch unser Ensemble beflügelt hat. In solchen Momenten merkt man, wie wichtig und wertvoll eine kontinuierliche Ensemblearbeit ist.
Selbst die letzten zwei Wochen waren spannend, immer wieder wurde die Arbeit durch das Coronavirus behindert. Aber auch die Kolleginnen und Kollegen der mitwirkenden Gewerke haben mit uns gemeinsam gekämpft, damit diese Produktion endlich das Licht der Welt erblicken konnte. Theater ist eben auch eine kollektive Kunst.