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Winterrückkehr1

Meine Großmutter selig hat immer gesagt, man dürfe nichts umkommen lassen. Dann hat sie vom Brot den verschimmelten Rand abgetrennt und den Rest meinem Großvater aufgetischt, während Omi für sich und mich einen frischen Laib anschnitt.

Die Bauarbeiter am künftigen Knoten Below der B 198 müssen meine Altvordere gekannt haben. Auch sie haben nichts umkommen lassen und in unendlicher Weisheit bis heute ihren Weihnachtsbaum stehen lassen. Statt mit Kugeln hatten sie ihn mit Farbe geschmückt und weithin sichtbar auf einen Erdhügel gepflanzt. Wo das Festtagsgewächs nun heute, drei Tage vor Ostern, die Rückkehr des Winters erlebte.

Was um 6 Uhr bei zwei Grad über Null noch der pure Regen war, ging gegen 9 Uhr bei erreichtem Gefrierpunkt in Schneetreiben über und bedeckte das lenzhungrige Strelitzer Land mit Weiß. Wenn die Krokusse Stimmen hätten, man hätte die Blümelein laut klagen hören. Hut ab vor meinen Wesenbergern, die sofort die Schneeschieber bei der Hand hatten. Ich musste meinen erst suchen, der war schon abgeparkt.

Es ist doch ungerecht. Was haben uns die Meteorologen in den vergangenen Tagen veräppelt, wenn ich nur an die Sonnenfinsternis denke, die im Nordosten wegen der dicken Wolken nicht zu sehen sein sollte. Aber ausgerechnet zu den Feiertagen scheinen die Wetterfrösche Recht zu behalten. In meiner Radio-Comedy wurde heute vorgeschlagen, die Ostereier im Beutel an die Türklinke zu hängen. Das erspare das Suchen unter schneebedeckten Büschen. Aber Strelitzer sind härter. Und noch bleibt ja eine Gnadenfrist.

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