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Manchmal kommen so die Dinge zusammen. Ich bin momentan gelinde gesagt nicht so ganz gut drauf, da flattern mir East Cameron Folkcore über die Hamburger Musikagentur Grand Hotel van Cleef ins Haus. Um es vorweg zu nehmen: Es ist nicht hundertprozentig meine Musik, aber sie hat therapeutische Wirkung. Kopfhörer auf, ordentlich aufgedreht, und du fühlst dich anschließend besser. Nicht jeder hat ja die einsame Klippe vor dem Haus, um seinen Frust mal ordentlich in den Wind zu schreien.

Ein paar Sätze von Ingo Neumayer, der das am 10. April erscheinende neue Album der Texaner “Kingdom of Fear” rezensiert hat. “East Cameron Folkcore wissen, was zu tun ist, wenn die Ungerechtigkeit zum Himmel schreit. Sie schreien einfach zurück! ‘Kingdom Of Fear’ ist der Stiefel, der die Tür aus ihren Angeln kickt und dadurch alles hereinlässt: Das Licht, die Erkenntnis und die Wahrheit, die so gleißend hell ist, dass sich eigentlich keiner mehr herausreden kann, von wegen: Ich habe nichts gewusst, ich habe nichts gesehen.”

“Viele Musiker singen von ihrem Baby und ihrem Darling. Darüber, wie sehr ihr Herz schmerzt oder wie dringend sie dem anderen die Kleider vom Leib reißen wollen. Aber diese emotionale Ich-Bezogenheit interessiert mich nicht. Für mich ist unsere Musik ein Vehikel, das die Menschen verbindet und die wirklich wichtigen Themen anspricht.” So beschreibt Jesse Moore, Sänger, Gitarrist und musikalischer Anführer von East Cameron Folkcore, den Anspruch, den die Band an ihre Songs legt. “Kingdom Of Fear” ist eine kritische Bestandsaufnahme unserer Welt heute: vom Überwachungsstaat zum Turbokapitalismus, vom Raubbau an der Natur bis zur Korruption in Wirtschaft und Politik, von ausbeutenden Chefs bis zu willkürlichen Polizisten.

Vielleicht erst beim zweiten Anhören erschließt sich, wie breit die Band aus Austin in der Wahl ihrer musikalischen Mittel aufgestellt ist. Da ist viel Punk, aber auch Folk, Blues, Gospel, Country, Rock und R’n’B. Mit Besetzungen zwischen neun und zwölf Musikern kann die Band auch ganz tief in die Instrumentekiste greifen. Da trifft Gitarre auf Cello und Trompete auf Banjo. Die lauten Töne machen plötzlich den leisen Platz, um sich kurz darauf wie ein Schwall zurück zu melden.

Leider machen East Cameron Folkcore bei ihrer Tournee im Mai und Juni einen Bogen um den Nordosten. Am 28. Mai sind sie in Hamburg im “Hafenklang” und am 30. Mai in Berlin im “Magnet” zu erleben. Und sollte der Regen heute noch mal irgendwann nachlassen, dann nehme ich mir die Amis mit aufs Fahrrad.