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Kommunales, Mecklenburgische Kleinseenplatte, Recht, Vereine, Wesenberg
Die in der Mecklenburgischen Kleinseenplatte flächendeckend eingeführte Kurabgabe lässt einzelne Touristiker offenbar nicht ruhen. Heute ist mir ein Papier des Gewerbevereins Wesenberg auf den Tisch gekommen, in dem rechtliche Bedenken gegen die Abgabesatzung erhoben werden. Warum das jetzt, knapp vier Wochen nach Inkrafttreten und nach rund zweijähriger Diskussion und Vorbereitung passiert, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich will das auch nicht kommentieren. Wobei sich die Anmerkungen zumindest nicht gegen die Abgabe an sich richten, sondern im Namen der Rechtssicherheit vorgetragen werden. Es gelte, die Satzung von „Fallstricken“ zu heilen, hieß es gegenüber Strelitzius.
Ich habe mit Enrico Hackbarth, Geschäftsführer der Touristik GmbH der Kleinseenplatte, dem Wesenberger Bürgermeister Steffen Rißmann und der Leitenden Verwaltungsbeamtin im Amt Kleinseenplatte, Karola Kahl gesprochen. Alle drei erklärten übereinstimmend, dass die Satzung zu hundert Prozent durch das Kommunalabgabengesetz gedeckt sei und sich im Übrigen an den seit Jahr und Tag überall im Land gültigen Satzungen orientiere. So gestatte der Gesetzgeber ausdrücklich auch dem Staatlich anerkannten Erholungsort, und nicht nur dem Kurort, eine Kurabgabe zu erheben. Beide seien diesbezüglich gleichgestellt.
Der Gewerbeverein hingegen sieht für seine touristisch tätigen Mitglieder die Gefahr, dass diese sich bei Einziehung einer Kurabgabe der „Täuschung“ und „Irreführung“ des Gastes schuldig machen. Es wurde nachgezählt: Mehr als 50 Mal tauche in der Satzung Kurabgaben, Kurkarte, kurabgabepflichtig, Kurabgabensätze, Kurabgabensatzung auf, aber nur einmal Staatlich anerkannter Erholungsort.
Moniert werden außerdem aus Sicht des Vereins fehlende Vertragsbeziehungen zwischen Kommune und Touristikern. Schließlich würden schlichte Beherberger „wider Willen“ auch noch in den Rang von Reiseveranstaltern erhoben, weil die von ihnen ausgegebene Kurkarte unter anderem die kostenlose Nutzung des Kleinseenbusses ermögliche.
„Auch wenn ich kein Jurist bin, habe ich den Eindruck, dass hier Rechtsfragen unzulässig miteinander vermengt werden“, kommentierte Bürgermeister Steffen Rißmann. Die Beziehungen zwischen Kommune und touristischen Anbietern seien durch die Satzung klar geregelt. „Natürlich sind wir für Anregungen immer dankbar“, so das Stadtoberhaupt. Auch Karola Kahl betonte, dass bei Unklarheiten oder Hinweisen ihre Behörde jederzeit ansprechbar sei. Enrico Hackbarth, studierter Tourismusexperte auf der Wesenberger Burg, war bereits im vergangenen Jahr in Sachen Kurabgabe, es gibt tatsächlich im Kommunalrecht keinen anderen Begriff, mit dem Gewerbeverein im Gespräch und setzt es bei Bedarf gern fort.
Uwe Fischer sagte:
„Die Behauptung, „die Beziehungen zwischen Kommune und touristischen Anbietern seien durch die Satzung klar geregelt“, ist falsch. Zum einen benennt die Verwaltung den Touristiker in diversen Schreiben als „hoheitlich mandatiert“, also er handelt als Verwaltungsvertreter. Gleichzeitig spricht die Verwaltung dem Gast aber das Recht ab, dem Verwaltungsakt „Einzug der Kurabgabe“ zu widersprechen. Stattdessen werden der Gast und der Quartiergeber mit Ordnungswidrigkeiten-Verfahren bestraft. Das ist keine Rechtssicherheit, sondern schlecht gemacht. Mit freundlichen Grüßen, Uwe Fischer
Strelitzius sagte:
Nun weiß ich ja nicht, wo in Deutschland oder auch anderswo man einer Kurabgabe widersprechen kann. Nach meinem Rechtsempfinden ist sie aber in jedem Fall erst einmal zu entrichten. Wer das nicht tut, sich von vornherein gegen geltendes kommunales Recht stellt, begeht eine Ordnungswidrigkeit.
Susanne Gebühr sagte:
In Neustrelitz laufen ähnliche Diskussionen. Ach bitte, führt doch diese Abgaben bald ein! Die ersten Touristen werden vielleicht noch ein bisschen maulen, aber wenn dann im nächsten Jahrfünft oder Jahrzehnt die Wander- und Radwegebeschilderungen die Pflege der vorhandenen Wander- und Radwege und vielleicht sogar die Neuanlage weiterer Wanderwege damit finanziert werden… Wäre DAS ein Segen !!!
Uwe Fischer sagte:
Kein Tourist mault, wenn er eine spürbare, adäquate Leistung für eine Kurabgabe erhält. Aber für „Nichts“ abkassiert zu werden … das merken heutige, weit- und oftgereiste Gäste sofort. Außerdem ist es unseriös, mit dem Titel „Kur- und Erholungsort“ zu werben, aber nichts dafür zu tun. Erst Leistung, dann kassieren…
Susanne Gebühr sagte:
Hallo Herr Fischer,
Sie sprechen mir aus der Seele!!! Genauso hatte ich es gemeint. Vielleicht haben Sie meinen leichten ironischen Unterton nicht wahrgenommen. Aber da kann ich nochmal nachlegen : MV ist das 6. Bundesland, in dem wir u.a. leben, wandern, radeln und ab und zu danach gastronomisch einkehren. Da gibt es diese Unterschiede, welche Sie beschreiben, sehr wohl. Auch was das Verhältnis zur Müllentsorgung in freier Natur angeht!!! Dass hier alles 50 Jahre später kommt, wie es die Mecklenburger spaßhaft umschreiben, wollen wir doch nicht hoffen. Aber etwa 20 hätten wir ja noch!
Strelitzius sagte:
In Wesenberg und Mirow brauchen wir bei allem Nachholbedarf nicht 50 Jahre zu warten. Die Woblitzstadt verwendet die eben eingeführte Kurabgabe in diesem Jahr für die Radwegsanierung, in Mirow soll der Wasserwanderrastplatz wieder instandgesetzt werden. Gut angelegtes Geld.
Kurt Schrey sagte:
Mein Kollege und ich, erhielten durch das Amt Mecklenburgische Kleinseeplatte kürzlich mehrere Schreiben, in denen uns jeweils Ordnungswidrigkeiten „Nicht Bezahlung der Kurabgabe“ zur Last gelegt wurden. Wir sollen für jede der zwei Übernachtungen pro Person und „Vergehen“ 30 € zahlen. Das wären also 120 €.
Ich war mit meinem Freund auf einer siebentägigen Kanutour in der Seenplatte, unterwegs. Es war, trotz der Corona bedingten Beschränkungen, ein schöner, entspannter Urlaub. In Summe waren wir drei Wochen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin auf diversen Campingplätzen zu Gast.
Im Zuge der Kanutour übernachteten wir vom 2.-3.9.2020 auf dem Campingplatz „Hexenwäldchen“ in Mirow, Ortsteil Blankenförde. Bei der Anmeldung wurde uns ein Schreiben mit einem „Widerspruch gegen die Abgabepflicht nach Kurabgabensatzung der Stadt Mirow“ überreicht. Wie es bei Anmeldungen auf Campingplätzen oder Hotels so üblich ist, füllt man diese Zettel aus, ohne den Text der Anmeldung genau zu lesen. Das machen ja viele so. Ist ja nur eine „Formalie“. Aber leider falsch gedacht. Das mit einem dieser Formulare die Bezahlung der Kurabgabe verweigert wurde, war uns zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst. Für uns stellte sich die Situation so dar, dass es sich um eine Petition des Campingplatzbetreibers gegen die Kurabgabe handeln würde.
Unser Angebot, die fällige Kurabgabe von zwei Euro pro Person nachträglich zu entrichten, wurde durch die Behörde abgelehnt. Wohlgemerkt, es geht in Summe um 4 Euro. Daraus wird ein Ordnungsgeld von 120 Euro gemacht. Aufgrund unseres Widerspruchs wurde jeweils ein Ordnungswidrigkeitsverfahren ohne Angaben von nachvollziehbaren Gründen eingestellt. Ist sich das Amt evtl. doch nicht so sicher Recht zu haben? Also bleiben noch immer für jeden 30 Euro Strafe übrig.
Unsere Versuche, sich mit dem Amtsvorsteher gütig zu einigen, wurde durch diesen ebenfalls abgelehnt. Unsere E-Mail wird einfach nicht beantwortet. Hat man im Amt eine lukrative Einnahmequelle gefunden? Bei 12.000 Ordnungswidrigkeitsverfahren je 30 Euro macht das 360.000 Euro. Dass das Amt Mecklenburgische Kleinseeplatte nicht zuerst die Zahlung der Kurabgabe bei uns einfordert, sondern gleich mit einem Ordnungswidrigkeitsverfahren reagiert, ist aus unserer Sicht sehr verwunderlich.
Braucht die Region keine Urlaubsgäste mehr? Will man so die Touristen vergraulen?
Wir finden es empörend, dass das Amt Mecklenburgische Kleinseeplatte ihre Streitigkeiten mit den Campingplatzbetreiben, nun auf den Rücken ihrer touristischen Gäste austragen.
Wir werden nie wieder Urlaub in der Ferienregion Mecklenburgische Kleinseeplatte durchführen. Wer so mit seinen Gästen umgeht, hat jeglichen Kredit verspielt.
Strelitzius sagte:
Sehr geehrter Herr Schrey,
vielen Dank für Ihren Kommentar. Grundsätzlich ist zu bemerken, dass Sie gleich vielen anderen Urlaubern vom Campingplatzbetreiber faktisch zu einer Ordnungswidrigkeit verleitet worden sind. Ob das seinerseits vorsätzlich geschehen ist, vermag ich nicht zu beantworten, der Verdacht liegt aber nah. Ein solches Vorgehen gegen geltendes Satzungsrecht ist auf jeden Fall zu kritisieren, was ich bei Ihnen vermisse. Stattdessen fokussieren Sie sich auf den Absender der bösen Nachricht. Mit den wenigen Ausnahmen, wo Gäste geradezu genötigt wurden Protestlisten auszufüllen, hatten die Urlauber im Raum Mirow im vergangenen Jahr keine Probleme mit der eben eingeführten Kurabgabe, anderswo ohnehin längst üblich. Im vorliegenden Fall, das darf ich korrigieren, trägt der Berherberger seine Streitigkeiten auf dem Rücken der Gäste aus.
Ihre Zuschrift werde ich an das Amt weiterleiten, in der Tat stellt sich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit. Ich wünsche Ihnen und natürlich uns hier in der Seenplatte eine gütliche Einigung, denn natürlich möchten wir Sie wiedersehen. Ein Entgegenkommen der Behörde ist ja bereits zu erkennen, wenn ich Ihre Zeilen richtig lese.