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So hatte ich mir das vorgestellt, aber da hatte ich die Rechnung ohne die dämliche Frau Amsel gemacht. Vielleicht hätte ich ihr das Bild als Motivationshilfe hinhängen sollen.

Amseln sind doof. Gut, bevor ich mir hier sämtliche Ornithologen Mecklenburg-Vorpommerns auf den Hals racke, sollte ich meine Aussage vielleicht einschränken. Ich bin einem besonders dusseligen Exemplar der Gattung Amsel begegnet. Was nicht erwähnenswert wäre, wenn unsere Bekanntschaft nicht in meinem Garten stattgefunden hätte. Und ich mich jetzt gekränkt fühlte. Um es ganz deutlich zu machen: Es handelte sich vorrangig um eine Frau Amsel, die meinen Zorn erweckt hat. Wobei ihr Typ auch nicht ganz rund zu laufen scheint.

Jedenfalls befleißigte sich das Pärchen, in meinem Schuppen nicht ein, sondern zwei Nester zu bauen. Da gab es nichts zu meckern, die Teile waren wirklich solide konstruiert, eigentlich schon Baukunstwerke. Ich habe es auch als eine Art Wiedergutmachung betrachtet. Denn zwei Jahrzehnte lang hängt an selbigem Schuppen ein liebevoll von einem Freund zusammengefügter 1a-Nistkasten, nur dass dieser trotz aller Modifikationen hinsichtlich Himmelsrichtung, Öffnungsgröße und Anflugstange zwar öfter besichtigt, aber aus mir unerklärlichen Gründen nie bezogen wurde.

Das bevorzugte Nest…

Aber nun sollte es endlich losgehen mit dem Brüten. Mein Garten – ein dankbar angenommenes Vogelparadies. Sicherlich hätte es einen besseren Platz als Nestunterlage gegeben, als ausgerechnet meine Harke. Die war nun von Amsels aus dem Verkehr gezogen. Dabei hätten sie es im Nest 2 im Regal zwischen Düngertüten (immerhin mit Guano), Gartenschlauch und ausrangierten Blumentöpfen viel netter gehabt. Auch mein Lieblingsleseplatz im Hängestuhl unterm Schuppendach musste aus Gründen des Ungestörtseins verwaist bleiben, wie sich überhaupt rund um den Schuppen nur auf Zehenspitzen bewegt werden durfte. Zum Glück herrschte Trockenheit, Rasen mähen wäre wegen der Lärmbelästigung gleich gar nicht in Frage gekommen. Kurz davor war ich noch, die anliegenden Nachbarn zur Stille zu verpflichten. Gut, dass ich es nicht getan habe, ich hätte mich ja voll zum Obst gemacht.

…und die verschmähte Brutstätte.

Meine gefiederten Hausbesetzer schienen die Rücksichtnahme zu honorieren. Nach einem dreitägigen Probesitzen von Frau Amsel, sie nahm sich dann noch eine spannungssteigernde Auszeit, schien sie endlich ernst zu machen. Sie hat sich zu meinem Frohlocken, wie von der Fachliteratur vorgeschrieben, 14 Tage lang nicht von der Nistadresse gerührt. Männe schaute immer mal halbherzig vorbei, vor allem aber schien er unseren Bach als Badestrand zu schätzen, weniger seine Versorgungsaufgabe.

Inzwischen haben sich meine Träume von fröhlich tschilpenden Jungvögeln zerschlagen. Die Nester sind seit Kurzem ebenso unberührt wie leer. Da müsste ein Eierdieb schon mit der Pinzette operiert haben, käme einer infrage. Wie verpeilt muss man eigentlich sein, zwei Wochen lang auf keinen Eiern zu brüten. Ob die Schauspielerin nach den 14 Tagen noch verdutzt unter sich geguckt hat, weiß ich nicht. Ich war nicht dabei.

Nun denke ich als Sanktion über eine Badeverbot für Amsels nach, die ausgelassen planschend so tun, als sei nichts gewesen. Nichts leisten, aber Urlaub machen! Das mag in Deutschland gehen, aber nicht in meinem Garten. Zumal die Brutzeit für dieses Jahr so gut wie vorbei ist. Na gut, Amseln richten sich vielleicht nicht nach Wkipedia. Wenn ich wenigstens wüsste, ob ich meine Harke wieder benutzen kann. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.